Hardcorebiking
„Bist du Hardcore-Biker?“, fragte mich der Verkäufer vom Plattenladen Sweetwater, nachdem er aus dem Laden gestürzt war und mein Fahrrad begutachtet hatte. Ich – ein Hardcore-Biker? Wie kam er nur auf diese Idee? Ich weiß nicht mehr, was ich damals geantwortet habe, jedenfalls ärgerte mich gleich wieder, dass ich es nie schaffe, wirklich einmal etwas Schlagfertiges zu antworten. Jahre sind inzwischen vergangen, aber ich denke immer noch darüber nach, was die beste Antwort gewesen wäre: „Nee, bin Softcore-Biker“ – zu albern. „… Dualcore-Biker“ – das verstehen nur IT-Fachleute und es ist auch nicht sehr genial. Wahrscheinlich werde ich in einigen Jahren die Erleuchtung haben und auf dem Heimweg dort halten und dann bekommt er die ultimative Antwort! Hoffentlich weiß er dann noch, worum es geht.
Außerdem hätte er mit minimalem Fachwissen sofort erkennen müssen, dass ich nie und nimmer ein Hardcore-Biker sein kann, denn ich habe Schutzbleche am Mountainbike und als Krönung der Dekadenz sogar noch einen Gepäckträger. Damit gilt man in der Szene sicher bereits als Sonntagsfahrer. Aber ab wann ist man eigentlich ein echter Hardcore-Biker? Wahrscheinlich, wenn man zumindest ordentlich schlammbespritzt am Ziel ankommt. Es gibt ja einige Betrüger, die auf dem Heimweg noch schnell an die nächste Wildschweinsuhle fahren und sich und ihr Rad ordentlich mit Schlamm bewerfen. Nur, damit die Nachbarn etwas Anerkennendes sagen. Nicht sehr gern gesehen wird das im Allgemeinen auf dem Weg zur Arbeit – manche Chefs haben sich da etwas zickig. Ein Bekannter, der bei AMD im Reinstraum arbeitet, wurde deshalb kürzlich kritisiert. Oder lag es an dem Sack Zement, den er mit hineinbringen wollte? Was weiß ich? Doch ich komme ja schon wieder völlig vom Thema weg.
Also, heutiges Thema: Ich ernte jedes Jahr Lacher, wenn ich erwähne, dass ich am Fahrrad die Winterreifen montiert habe. Dabei stimmt es. Sobald Schnee liegt, kommen breitere Reifen auf die Räder. Die waren beim Kauf des Fahrrades dabei, ich fand sie zu breit und ersetzte sie durch ein Paar mit geringerem Rollwiderstand. Aber so für den Winter sind sie ideal – mit den breiten Stollen wühlt man sich überall durch, egal ob Schnee, Matsch oder Schlamm. Klar, man sieht nachher aus wie ein Schwein, aber dafür gucken die Nachbarn wenigstens immer sehr bewundernd und man rutscht auf der Straße nicht weg. Diese Reifen habe ich heute jedenfalls montiert, weil bekanntlich Schnee fiel. Da man Schneefälle wiederum schlagartig nutzen muss, um Skilanglauf zu machen, benötigte ich ein ein schneegängiges Fahrrad. So sieht das aus, wenn man mit Rad zum Langlauf fährt:
Ich muss dazu sagen, dass ich es glücklicherweise nicht weit bis zur Dresdner Heide habe, nur den Elbhang hoch durch den Wald. Man muss ja nicht immer gleich bis ins Erzgebirge fahren. Außerdem habe ich so die Chance, dass mich Nachbarn auch mal so sehen, doch das nur nebenbei – nicht dass noch der Eindruck entsteht, dies bedeute mir etwas. Leider war heute keiner von diesen Typen draußen. Kotzte mich an! Sinnlose Aktion… Na egal. Das Skilaufen selbst … naja. Ging so. Eine geschlossene Schneedecke sieht anders aus. Es muss wohl doch noch einige Tage schneien, bevor ich es noch einmal teste. Aber einer muss den Anfang wagen! Logischerweise bin ich die geplante Runde trotzdem gefahren – ich als Hardcore-Langläufer! Immerhin hatte ich zu Hause das passende Wachs aufgetragen. Ich habe ja sämtliche Spezialwachse, zum Beispiel für Neuschnee, Altschnee, Pulverschnee, gelben Schnee… und eben auch für „kein Schnee“.
Wenn ich in den nächsten Tagen eine Stunde zu spät zur Arbeit komme, bin ich wahrscheinlich früh doch wieder an einer schneelosen Stelle gescheitert. Rettungsmannschaften haben zwischen Stausee und Bühlau gute Chancen…