|

Die Netzfrauen revolutionieren das Transportwesen

Der Blog „Netzfrauen“ verkündete heute auf Facebook einen bahnbrechenden Erfolg im Transportwesen. Verlinkt ist dabei zwar nur auf einen Artikel vom letzten Jahr, aber anscheinend ist er heute wieder wichtig. Man erfährt:

„Wenn wir in Deutschland spanische Paprika einführen, dann importieren wir damit auch das Wasser des Herkunftslands: mit jedem Kilo Paprika 85 Liter. 15.000 Liter pro Kilo Rindfleisch.“

Wir transportieren also aus Spanien nur 1 kg Paprika und darin stecken irgendwie auch 85 Kg Wasser, die wir darin – für alle Waagen gut versteckt – mit transportieren. Wenn Rindfleisch importiert wird, dann werden mit jedem Kilo sogar unglaubliche 15 Tonnen Wasser gleichzeitig in dieser Ladung bewegt. Ohne, dass sich beim Beladen jemand mehr anstrengen muss, ohne dass mehr Treibstoff benötigt wird, ohne dass der LKW zusammenbricht.

Das ist genial. Hersteller von Mineralwasser werden diese Möglichkeit sicher bald begeistert nutzen und unglaublich viele Kosten beim Wassertransport sparen. Allerdings wird man das bei „Netzfrauen“ natürlich umgehend kritisieren, denn wenn Mineralwasserhersteller wie Nestlé irgendetwas aus ökonomischen Gründen tun, ist das ja Profitgier. Und das wird dort ständig angeprangert.

Aber im Ernst: Wie sollte es physikalisch und chemisch funktionieren, dass in 1 kg Materie 85 oder gar 15.000 kg Wasser enthalten sein könnten? Immerhin wird hier ja behauptet, dass durch unsere Importe aus Spanien Wasser verschwindet. Und das sogar in großen Mengen.

Ja, Paprika enthält Wasser. Für rote Paprika wird ein Wassergehalt von 89% angegeben. Das bedeutet, dass wir mit 1 kg spanischer Paprika auch 0,89 Liter Wasser aus Spanien importieren. Das kann man kritisieren, da aber Paprika bei uns schlecht gedeiht, geht es nicht anders. Wer das trotzdem ablehnt, sollte konsequenterweise u.a. auch keinen importierten Wein mehr trinken, denn darin ist auch Wasser des Herkunftslandes enthalten.

Wo stecken aber die 85 Liter Wasser, die beim Paprikaanbau angeblich verbraucht werden? Zunächst einmal wird Wasser normalerweise gar nicht verbraucht, sondern verbleibt im Kreislauf des Wassers. Das meiste Wasser verdunstet vor Ort wieder oder versickert als Regenwasser im Boden. Es verschwindet also nicht in ein Exportland. Ein Teil wird bei der Photosynthese aber auch chemisch gebunden, wobei letztlich verschiedene Kohlenwasserstoff-Verbindungen entstehen. Das sind bei unserer Paprika die 11% Trockenmasse. In 110 Gramm dieser Trockenmasse können aber nicht mehrere kg Wasser verborgen sein – die Masse einer Substanz entspricht der Summe der darin enthaltenen Atommassen. Und man kann auch mit der genialsten chemischen Bindung nichts daran ändern, dass man in 110 g Endprodukt keine 85 kg Atommasse eines Ausgangsstoffes verstecken kann. Paprikawachstum lässt nicht durch chemische Prozesse pro kg Pflanzenmasse 85 kg Wasser verschwinden.

Was es mit den angeblichen 15.000 Litern Wasser für ein kg Rindfleisch auf sich hat, erklärte Udo Pollmer einmal auf Deutschlandradio Kultur. Es sind künstliche Hochrechnungen von Wasser, welches bestenfalls benutzt, aber keineswegs vernichtet wird. Da wird zum Beispiel das gesamte Regenwasser mit einbezogen, welches auf die Weidefläche fällt. Dieses Wasser fällt aber auch auf dieselbe Fläche, wenn die Kuh nicht dort steht. In beiden Fällen verschwindet es nicht.


Dass ich diesen Artikel vom November 2015 erst jetzt wahrnahm, liegt daran, dass ich „Netzfrauen“ nach Möglichkeit nicht lese. Es gibt zu viele Möglichkeiten, seine Zeit sinnvoller zu verbringen. Allerdings wurde ich irgendwann in die Facebook-Gruppe „Gesperrt bei den Netzfrauen“ eingeladen – die Obernetzfrau hat es ja bekanntlich nicht so mit Kritik und sperrt Kritiker auf Facebook rigoros. So erfahre ich nun doch wieder von den täglichen Höhepunkten der Netzfrauen-Kreativität. Unsere Gruppe wächst, wir haben manchmal mehr Spaß als beim Postillion und bei Netzfrauen bleiben die Kommentatoren übrig, die sich auch schon mal über Impfkritik und Chemtrails austauschen. Das darf man dort, dafür wird keiner gesperrt.

Ich will mich keineswegs über das bei „Netzfrauen“ kritisierte Problem des weltweiten Hungers lustig machen, auch nicht über Wassermangel. Aber mit solchen unsinnigen Argumenten nutzt man einer wichtigen Sache überhaupt nicht.

3 Comments

  1. Danke. Die Netzfrauen liefern aber auch zu viel Material. Über die könnte man jeden Tag etwas lustiges schreiben. Wie schon erwähnt, gibt es aber sinnvollere Dinge 🙂

  2. Vergessen darf man auch nicht das Volumen. Vielleicht sollten wir damit beginnen, flache Paprika zu züchten (vllt mit EU Regulierung?) die sich besser stapeln lassen. Oder eckige Äpfel und Melonen. Die rollen dann auch nicht mehr vom Tisch, wenn man sie schneiden will…

Comments are closed.