Wie viele Pumpspeicherwerke würden wir für die Energiewende benötigen?
In der Nähe meiner Heimatstadt liegt das Pumpspeicherwerk Niederwartha. Es ist eigentlich nur einer der kleineren Stromspeicher dieser Art in Deutschland, veranschaulicht aber mit seiner eingenommenen Fläche sehr gut, wie viel Fläche wir für den Bau weiterer Anlagen benötigen würden.
Wenn die Energieerzeugung irgendwann vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden soll, braucht man Stromspeicher. Wind und Sonne als Hauptquelle von Ökostrom liefern die Energie bekanntlich nicht unbedingt dann, wenn sie bei den Verbrauchern benötigt wird. Momentan gleicht man das nach Möglichkeit durch schnell regelbare Gaskraftwerke aus, die aber im Konzept „100% Ökostrom“ keinen Platz mehr haben können, denn sie verbrauchen den fossilen Energieträger Erdgas und emittieren Treibhausgase. In der Zukunft muss also dafür gesorgt werden, dass der zur falschen Zeit produzierte Strom aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen für die Zeiten des Bedarfs zwischengespeichert wird.
Die einzige momentan verfügbare Technologie, mit der sich größere Mengen elektrischer Energie speichern lassen, sind Pumpspeicherwerke (PSW). Angenommen, man müsste 3 Wochen Stromausfall ausgleichen – wie viele PSW bräuchte man dafür? Der gesamte deutsche Stromverbrauch einer Woche entspricht etwa 10 Terawattstunden (10.000 GWh). Die Gesamtkapazität der verfügbaren deutschen Pumpspeicherkraftwerke beträgt etwa 40 GWh, reicht also noch nicht einal ansatzweise. Was würde es bedeuten, wenn man die dafür notwendige Speicherkapazität mit Pumpspeicherwerken umsetzen müsste? Die drei größten PSW in Deutschland* haben jeweils etwa die Leistung von 1 GW und können bis zum Leerlaufen des Oberbeckens 8, 4 oder 6* Stunden lang Strom liefern, insgesamt können sie also ca. 18 GWh liefern. Für die benötigten 10 TWh Speicherkapazität bedeutet das, dass wir für eine Woche Speicherkapazität 555 mal so viel, also noch weitere 1665 Pumpspeicherwerke der durchschnittlichen Kapazität unserer bisherigen drei größten benötigen. Vereinfacht gesagt:
Rund 1700 große PSW bräuchten wir für eine Woche Speicherkapazität.
(* Goldisthal 8h, Markersbach 4h, Kraftwerk Wehr 6h)
Da hier von PSW der Dimension unserer aktuell größten ausgegangen wird, während die meisten der 36 in Deutschland vorhandenen Anlagen* viel kleiner sind, erscheint diese Zahl selbst für nur eine Woche völlig unrealistisch, denn wo sollen so viele große Anlagen hin gebaut werden? Allgemein wird davon ausgegangen, dass man zumindest drei Wochen mit Strom aus Speichern überbrücken können muss, wenn auf 100% Erneuerbare Energie umgestiegen wird, was bereits 5000 großen PSW entspräche. Fraglich ist, ob es in Deutschland überhaupt so viele geeignete Berge gibt. Ganz abgesehen von den vielen Bürgerinitiativen, die jeweils dagegen wären …
(Das PSW Niederwartha ist eine dieser kleineren Anlagen. Sie könnte 120 MW liefern, ist gegenwärtig aber auf 40 MW beschränkt)
Dass die Speicherkapazität für mehrere Wochen reichen muss, ergibt sich aus der Betrachtung des ungünstigsten Falles. Im Sommer wird durch Photovoltaik zwar jeden Tag Strom geliefert, so dass Speicherkapazitäten für nur einen Tag ausreichend erscheinen, aber auch in dieser sonnenreichen Jahreszeit können ganze Wochen völlig verregnet und damit sonnenarm sein. Das eigentliche Problem ergibt sich aber im Winter: Hier kann Photovoltaik durch den niedrigeren Sonnenstand, durch die kürzere helle Tageszeit und durch die Tatsache, dass oft viele Solarpanels von Schnee bedeckt sind, kaum Energie liefern.
Im Winter muss der Wind deshalb praktisch allein reichen*, um die Stromversorgung zu gewährleisten. Bei Energiegewinnung aus Windkraft lässt sich aber über das Jahr hinweg beobachten, dass in wenigen Zeiten hohe Leistungen geliefert werden und in längeren Zeiten dagegen nur geringere Stromeinspeisungen zu verzeichnen sind. Das bedeutet, dass auch aus diesem Grund viel Speicherkapazität bereitstehen muss, um kurzzeitig viel Energie aufnehmen zu können, die anschließend über längere Zeiträume mit geringeren Windleistungen wieder abgegeben werden kann.
Ob drei Wochen Speicherkapazität für dunkle Wintermonate ausreichen, soll (und kann) an dieser Stelle nicht weiter geklärt werden. Ob diese Speicherkapazität ausreicht, die Unregelmäßigkeit von Windenergie zu überbrücken, die statistisch gesehen nur zu 16% der Zeit hohe Energiemengen liefert, ist zumindest fraglich.
Speicher werden für die Energiewende dringend mit hoher Kapazität benötigt. Pumpspeicherwerke werden diese Funktion mit Sicherheit nicht übernehmen können.
(* Ein Nebenaspekt davon, dass Wind im Winterdeshalb praktisch allein reichen müsste: Windenergie muss also bereits in der Jahreszeit mit dem höchsten Energiebedarf – dem Winter – die Hauptleistung abdecken können. Damit ergibt sich die Frage, warum dann im Rest des Jahres überhaupt noch parallel dazu Solarenergie benötigt wird, wenn Wind den Strom doch selbst bei höherem Bedarf allein liefern kann? An der Betrachtung ändert sich auch nicht, wenn man bedenkt, dass es zusätzlich zu Wind und Sonne auch noch Wasserkraft und Biogas gibt)
Anmerkung: Ursprünglich war in diesem Artikel von fast 2000 benötigten PSW/Woche. Dies ging auf einen zunächst falsch recherchierten Wert des Nettostromverbrauchs in Deutschland zurück.
Quellen:
Umweltbundesamt: Stromverbrauch in Deutschland ist seit Beginn der 1990er Jahre
(Aus dieser Quelle stammt die Angabe, dass Deutschland in den letzten Jahren einen Nettostromverbrauch von ca. 520 TWh/Jahr hatte. Daraus ergibt sich die im Artikel verwendete Angabe von 10 TWh/Woche)
Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES): Windenergie Report Deutschland 2013
Das Problem der nicht vorhanden Speicher für die unstetigen Erneuerbaren Energien hat schon Hans-Werner Sinn in diesem Vortrag anschaulich dargelegt.
Dieser Irrsinn der vorrangigen Einspeisung und politisch gewollter überhöhter Vergütung der EE wurde vom Dosenpfanderfinder Trittin erst so richtig auf den Weg gebracht und die Physikerin Merkel duldet es. Die Verschandelung unserer Landschaft bezahlen wir dann noch mit dem EEG-Aufschlag von ca.6ct/kWh.
Ein weiteres Problem der vorrangigen Nutzung der EE ist die Netzstabilität bzw. der Anstieg der Regelfälle. Leider findet man dazu wenig Material.
Man könnte es ja noch auf die Spitze treiben: Bei Google Maps kann man rausmessen, dass ein Anlage wie Markersbach oder Goldisthal eine Fläche von ca. 3×3 km also 9 km² „verbraucht“. Bei 6000 PSW wären das ca. 54000 km². Das entspricht in etwa der Fläche von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Nach nochmaligem Ansehen des Vortrages ergänzend dazu noch Folgendes:
Frank berechnet wie viel PSWe nötig wären um Deutschland eine Woche mit Strom zu versorgen. HW Sinn verfolgt, mit der Rechenkraft seines Institutes im Rücken, den Gedanken wie viel PSWe nötig wären um mit dem Zappelstrom aus Wind und Sonne von einer gesicherten Leistung von 1GW bei Wind auf eine stetige Stromversorgung von 5GW aus Wind und 2GW aus Sonne zu bringen. Schlußendlich kommen beide zum Ergebnis: In Deutschland unmöglich.
Was Sinn zu den CO2-Proben aus den Eisbohrkernen sagt ist richtig nur folgt die CO2-Kurve der TemperaturKurve mit eine Verzögerung von ca.100 Jahren.
Interessant seine Aussage zur Reparatur von Gendefekten in den Zellen und der Strahlung in der Nähe von Kernkraftwerken.
Ergänzend dazu und passend zum Thema auch der Vortrag von Prof. Buchal.
Wirtschaftliches und längerfristiges
Vor einigen Tagen konnte man in der DNN lesen:
Und den erfährt man von der grünen Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen: Für eine umfassende und langfristige Wiederinbetriebnahme des Werkes seien erhebliche Investitionen erforderlich, die unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kaum zu rechtfertigen wären.
Nanu?! dachte ich, hat man doch unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Deutschland, fast flächendeckend, mit einer zweiten Struktur zur Erzeugung von Strom aus Sonne und Wind überzogen, mit dem hehren Ziel, das Klima zu retten! Überschrift : Die Sonne schickt keine Rechnung! Und jetzt gelten plötzlich wirtschaftliche Rahmenbedingungen! Hinter dem EEG, welches das Ganze ermöglichte, standen wirtschaftliche Interessen, nachdem sich Trittin der Sache annahm. Für Investitionen mit einer Lebensdauer von 20 Jahren fahren EEG-Spesenritter satte Gewinne ein.
Das PSW Niederwartha ging in 1930 ans Netz. Damals wurde das Stromnetz hauptsächlich aus Kohlekraftwerken gespeist, welche nur begrenzt ihre Leistung ändern können. Die Idee, nicht genutzten Nachtstrom für PSWe zu nutzen, ist volkswirtschaftlich durchaus sinnvoll.
Der erwähnte Batteriespeicher hat 2,7Mio € gekostet, hat eine Lebensdauer von 10 Jahren und kann einen 2-Personen-Haushalt ein Jahr lang mit Strom versorgen.
Na wenn das nicht längerfristig ist!
Dass ich das noch erleben darf: Frau Jähnigen und realistische Ansichten. Das dachte ich jetzt im ersten Moment, denn rentabel wäre eine Investition in das PSW Niederwartha bestimmt nicht, angesichts seiner beschränkten Speicherkapazität. Allerdings ist sie mit über 500 MWh immer noch deutlich höher als die des „größten Batteriespeichers Sachsens“, der ja auf sagenhafte 2,7 MWh kommt. Insofern ist die Welt für mich ja wieder in Ordnung, wenn Frau Jähnigen das PSW als ungeeignet betrachtet und die winzige Akku-Lösung als besser betrachtet.
Ich habe das Thema PSW Niederwartha deshalb aufgegriffen, weil ich meine, daß eine Energiepolitik, welche eine Erneuerbare(*) gegen die andere ausspielt, wohl mehr als einen Webfehler hat.
Daß PSW derzeit unrentabel sind, wird schon länger beklagt.
Netzentgelt fiel auch für Solar- und Windstrom an. Wenn ich das Folgende
richtig verstanden haben, wurde das in 2018 gestrichen. Volatile Anlagen (Sonne, Wind) genießen gesetzlich garantiert Vorrang bei der Einspeisung und es werden Speicher benötigt, um Überschuß aufzunehmen. Eine Energiepolitik, welche vorhandene und bewährte Speicher derart in´s Abseits stellt, ist, gelinde gesagt, nicht zu begreifen. I.Ü. hat eine Anlage wie das PSW Niederwartha mit Maschinen aus dem Jahr 1930 wohl eine Neuausstattung verdient.
Das mit diesem Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (NEMoG) klingt ja interessant, aber auch etwas kompliziert. Damit muss ich mich einmal in Ruhe beschäftigen.
Im Prinzip erscheint mir die doppelte Bezahlung von Netzentgelten für Speicherbetreiber eigentlich sogar logisch – zumindest auf den ersten Blick. Denn sie benutzen das Netz ja tatsächlich zweimal. Aus Sicht des Netzbetreibers ist das also völlig in Ordnung. Aber aus Sicht eines normalen Menschen ist es natürlich völlig absurd. Letztlich war diese künstliche Trennung der Stromversorger in Produzenten und Netzbetreiber die Ursache für diesen Unsinn. Man hat hier zwei Komponenten erschaffen, die aber ohne den anderen Teil weder existieren können noch Sinn ergeben.
Ich bin ja immer wieder begeistert, in was für einer durchdachten Welt ich doch leben darf 🙂
Heute bei Vera Lengsfeld gefunden : Agora, eine Webseite mit interaktiven Grafiken rund um den Strom.