| |

Krim: Undemokratische Demokratie?

Nachträgliche Vorbemerkung, März 2022: Den Artikel würde ich heute, nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine nicht mehr so schreiben. Beim erneuten Lesen fand ich ihn regelrecht schlecht. Hier fehlen mehrere Details, u.a. dazu, dass die von mir behauptete „durchaus demokratische Abstimmung“ keine war, wie ich inzwischen weiß. Hier wird whataboutismus betrieben, was ich bei anderen sonst immer kritisiere. Ich lasse den Artikel trotzdem so stehen, denn ein Blog ist ja eine Art Tagebuch, welches auch schlechte Frühwerke enthalten kann. Und schon gar nicht würde ich heute noch auf RT, „Die Propagandaschau“ oder Dirk Müller verlinken. Man lernt halt dazu.


Die EU und die USA wollen das Krim-Referendum nicht anerkennen, liest man momentan in den Nachrichten. Ich finde das interessant, denn hier im Westen wird doch so gern die Wichtigkeit von Demokratie betont. Manchen Ländern wirft man von unserer Seite auch gern mangelnde Demokratie vor. Und heute lief auf der Krim eine durchaus demokratische Abstimmung der Bevölkerung ab. Das ist aber aus Sicht des Westens ganz falsch. Seltsam.

Man sollte dabei bedenken, dass die Krim eine autonome Republik ist. Und das Parlament der Krim hat nicht den Anschluss an Russland vorgeschlagen (*), sondern lediglich die Unabhängigkeit von der Ukraine. Heute sollte die Bevölkerung der Krim diese Vorlage bestätigen oder eben ablehnen. Das ist eine Form direkter Demokratie. Was sollte daran falsch sein? Wieso sollte das gar völkerrechtswidrig sein? Dass eine einseitige Abspaltung nicht mehr als völkerrechtswidrig gilt, hat der Westen selbst zu verantworten, seitdem er im Kosovo einen Präzedenzfall schuf.

(* Korrektur: Die Fragestellung im Referendum war anscheinend doch so: „Sind Sie für die Wiedervereinigung der Krim mit Russland als Teil der Russischen Föderation?“ oder „Sind Sie für die Wiederherstellung der Verfassung von 1992 und den Status der Krim als Teil derUkraine?“)

Fast schon witzig in dem Zusammenhang ist die Nebensächlichkeit, dass man im Westen nun Unregelmäßigkeiten bei Krim-Referendum entdeckt haben will. Na und?, könnte man hier fragen, denn was sollte so schlimm daran sein, wenn man das Referendum doch ohnehin für illegal hält? Wenn es so oder so als ungültig betrachtet wird, kommt es doch auf solche Kleinigkeiten wie angebliche Unregelmäßigkeiten nun auch nicht mehr an! Übrigens hatte die Krim die OSZE extra gebeten, Wahlbeobachter zum Referendum zu entsenden, was aber von der OSZE abgelehnt wurde. Auf dieser Basis hat man es nun im Westen freilich sehr einfach, den Vorwurf von „Unregelmäßigkeiten“ zu erfinden erwähnen.

Schade, dass man es nicht überprüfen kann, aber ich habe den Verdacht, dass man diese Abstimmung sehr wohl als Sieg demokratischer Willensbekundung akzeptieren würde, wenn sich die Tendenz gezeigt hätte, dass sie für einen Verbleib der Krim in der Ukraine ausgegangen wäre.


Ich hatte in der letzten Zeit hier nie etwas zum Thema Krim, Ukraine und Russland geschrieben, sondern so etwas immer nur auf Facebook oder Google+ gemacht. Hier einige dieser Anmerkungen und Linkhinweise der letzten Wochen zu diesem Thema. Da unsere Medien – allen voran ZDF und N24 – eine unglaublich einseitige Informationsweise zu diesen Themen pflegten, die eindeutig die Bedingungen für Propaganda erfüllen, ist eine aus meiner Sicht empfehlenswerte halbwegs ausgleichende Informationsquelle die Internetseite „Die Propagandaschau“.


Der Auslöser für die aktuelle Situation in der Ukraine war, dass Janukowytsch das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine nicht unterzeichnete. Ich hatte mich immer gefragt, ob es dafür vielleicht nachvollziehbare Gründe gab und fand diesen Artikel, der das etwas beleuchtet. Wirklich gut kommt dabei keiner weg, weder die damalige Regierung, noch die Opposition der Ukraine (auch nicht Herr Klitschko), die Russen ebenfalls nicht. Auch die EU hat sich nicht vernünftig verhalten, da sie die Freilassung von Julija Tymoschenko zur Bedingung gemacht hatte.


Dirk Müller fällt es schwer, zu dem Thema ruhig zu bleiben:

Hier klicken, um den Inhalt von www.youtube.com anzuzeigen

Das Medienmagazin Zapp hatte einen halbwegs kritischen Beitrag zur Berichterstattung unserer Medien: Ukraine – Berichterstattung durch die West-Brille?

Auch ein – etwas längerer – interessanter Artikel, der u.a. historische Hintergründe beleuchtet: Krim – Keine Eskalation herbeireden!

Der Freitag – 5 Milliarden Dollar für den Staatsstreich: „Ein Mosaik an Nachrichten und Informationen zu den Vorgängen in der Ukraine und deren Folgen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit“.

Und falls mal wieder jemand Putin mit dem Vorwurf „Lupenreiner Demokrat“ kommen will – da gibt’s momentan beeindruckendere Beispiele in der Ukraine. So lief eine Diskussion über Demokratie in einer Stadthalle eines Ortes südlich von Kiew. Beängstigend …

Hier klicken, um den Inhalt von www.youtube.com anzuzeigen


Nachtrag, Mai 2014: Das im Text verlinkte Kosovo-Gutachten des IGH, „Gutachten des Internationalen Gerichtshofes zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovo“ ist seit kurzem nicht mehr auf der Seite des Deutschen Bundestages zu finden. Gut, dass es für solche Fälle das Internet Archiv „Waybackmachine“ gibt.

25 Comments

  1. Sorry, aber ich teile Deine Einschätzung überhaupt nicht. Das Zustandekommen und die Geschwindigkeit, mit der das Referendum durchgeführt worden sind, müssten dich mindestens genauso misstrauisch machen wie die von Dir kritisierte einseitige Berichterstattung. Wieso ist bitte das Referendum mehrfach vorverlegt worden? Gab es die Möglichkeit für beide Seiten, Pro-Russen und Pro-Kiew, ausreichend Werbung für die eigenen Positionen zu machen? Ich glaube kaum (ohne, dass ich vor Ort gewesen bin).

    Aus meiner Sicht (ausschließlich durch Medienberichterstattung geprägt, ich weiß nicht, ob du eine andere Quelle hast) ist das ein reines Schaustück – sicherlich mit einem „wahren Kern“.

    Ich hatte Dirk Müller auch in einer FB-Diskussion schon kritisiert: Wenn man die richtigen Medien in D. verfolgt hat, hat er keine neue Perspektive verbreitet. Was er aber macht: Die angeblich einseitigen Propaganda-Medien mit ebenso unsauberen Argumentationen „schlagen“. Sorry, der Typ ist für mich einfach nur unseriös.

    Aus meiner Sicht gab es bisher eine sehr differenzierte Berichterstattung zur Krim-Krise, ein hübsches Beispiel habe ich heute gefunden (aber das wird Dir sicherlich auch nicht in den Kram passen 😉 ):
    http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/krim-krise-aus-russischer-sicht-putin-ist-verrueckt-12848243.html

    Schließlich: Ich würde davon ausgehen, dass die einzelnen Regierungen wesentlich detaillierte Einblicke haben als unsereins, der sich nur über Medien und andere Netz-Kanäle informiert.

    Insofern finde ich deine Perspektive nicht nachvollziehbar.

  2. Warum sollte mir das nicht in den Kram passen, wenn ein Russe eine russische Innenansicht beschreibt (auch wenn diese in der FAZ nicht viele Fakten liefert). Kann schon sein, dass Putin verrückt ist (da fallen mir aber noch einige andere Politiker ein, vor allem westlich des Atlantik). Das Problem ist, dass wir hier seit Wochen und Monaten in den Medien ein absolutes Putin-Bashing erleben, welches manchmal an Niveaulosigkeit kaum noch zu überbieten ist. Da ist man als Kritiker solcher Beobachtungen schnell in der Situation, dass man übers Ziel hinausschießt und Putin zu sehr verteidigen beginnt, als es angebracht wäre. Sagen wir mal so: Schlau ist das alles natürlich nicht, was da jetzt abläuft. Allerdings ist Russland daran nicht allein schuld.

    Das Zustandekommen und die Geschwindigkeit, mit der das Referendum durchgeführt worden sind, müssten dich mindestens genauso misstrauisch machen

    Dazu müsste man wissen, wie die Grundhaltung der durchschnittlichen Krimbewohner in den letzten Jahr(zehnt)en war. Vielleicht haben die nur auf eine passende Gelegenheit gewartet, sich wieder Russland anschließen zu können? Ich weiß das nicht. Die Krim gehörte eigentlich immer zu Russland: „Die Krim, ein autonomer Teil der Ukraine, historisch gesehen mehr durch eine Absurdität der Ukraine zugeschlagen und dies auch erst 1954 …“ (Quelle)

    Russland hat auf der Krim seine Flotte stationiert, dieser Standort ist Russland sehr wichtig. Russland darf laut Vertrag 22.000 bis 25.000 Soldaten ständig auf der Krim haben (seltsamerweise funktioniert die abgespeicherte Quelle nicht mehr). Es ist daher zu bezweifeln, ob man überhaupt von einer russischen Besetzung der Krim reden kann. Zumindest ist die Militärpräsenz zur Sicherung der Stützpunkte nachvollziehbar, angesichts der Situation in Kiew – immerhin gibt es dort momentan eine nicht demokratisch gewählte (!) Regierung, in der irgendwelche Extremisten und vor allem aber Politneulinge sind, deren Handlungen nicht absehbar sind. Die eigenartigen Geschichten mit soldatisch verkleideten (oder auch nicht verkleideten?) Russen sind allerdings schwer verständlich.

    Inwiefern meinst Du, das sei ein das „ein reines Schaustück“?

  3. Ach so, vergessen:

    Ich würde davon ausgehen, dass die einzelnen Regierungen wesentlich detaillierte Einblicke haben als unsereins, der sich nur über Medien und andere Netz-Kanäle informiert.

    Hoffen wir es mal. Den Eindruck habe ich manchmal nämlich nicht.

  4. Einen wahren Kern haben viele der Berichterstattungen im Netz und und in den deutschen Medien. So auch der verlinkte FAZ-Artikel meines Vor-Kommentators Peter. Leider reiht der FAZ-Artikel sich aus meiner Sicht insbesondere mit seinem letzten Absatz in die vielen „tendenziösen“ Artikel ein, mit denen beide Seiten einen Informationskrieg führen.

    Ich habe den Eindruck, viele der deutschen „mainstream-Medien“ haben nur recht einseitig (aus einem Blickwinkel) den Konflikt beleuchtet. Dabei wurde selten versäumt, die Antwort mitzugeben und den Schuldigen Putin zu benennen.

    Gegenmeinungen oder gar ein versucht objektives Zusammentragen der pro und contra-Fakten oder vielleicht mal eine Ursachenanalyse oder einen Vergleich mit historischen Paralellen habe ich nicht entdecken können.

    Dieser Informationsnebel hat in einem Konflikt, wo es keine saubere Trennung zwischen Gut und Böse gibt, viele Menschen in meinem Freundeskreis und in meiner timeline bewegt, inmitten der vielen Grautöne sich entweder auf die Seite von weiß oder schwarz zu schlagen. Wobei die Farbverteilung variiert.

    Was mich dabei irritiert, ist die weitere selektive Wahrnehmung der Menschen, die sich auf eine Seite des Meinungsspektrums geschlagen haben. Für Viele gibt es keine Zweifel mehr, kein Nachdenken. Es werden nur noch Quellen zitiert, die die eigene Meinung unterstreichen. Für mich ist das der Versuch, sich die eigene Meinungsbildung und die Erklärung des Konfliktes einfach zu machen.

    Die Durchführung des Referendums entspricht sicher nicht deutschen Maßstäben und Gepflogenheiten. Kann man das in eher demoktratieunerfahrenen Ländern im Umbruch erwarten?

    1954 hat Chruschtschow die nun überwiegend russisch besiedelte Ukraine nach der Deportierung der Krimdeutschen, der Krimtataren, der Armenier und der Griechen (die Juden wurden von den Nazis deportiert) an die Sowjetrepublik Ukraine verschenkt, was damals relativ egal war. Heute wollen die auf der Krim lebenden Russen (aus der unsicheren Zukunft in der Ukraine) mit einem Refeferndum zurück nach Russland. Der nach deutschen Maßstäben auch nicht zimperliche Umgang mit den russischen Minderheiten in den von mir ansonsten hoch gelobten baltischen Staaten haben sie dabei vor Augen.

    Ansonsten erinnere ich an die Geschichte des Saarlandes nach dem 2. WK. 1946 faktisch von Deutschland abgetrennt, gab es 1955 eine Volksbefragung, die 1957 in die „kleine Wiedervereinigung“ (nach dem hierzulande nicht unbekannten Artikel 23 des GG) mündete.

  5. Nachdem Frank inzwischen 3x zwischenkommentiert hat, korregiere ich auf Vor-Vor-Vor-Vorkommentator.

  6. Frank sagt: Es ist daher zu bezweifeln, ob man überhaupt von einer russischen Besetzung der Krim reden kann. Zumindest ist die Militärpräsenz zur Sicherung der Stützpunkte nachvollziehbar, angesichts der Situation in Kiew – immerhin gibt es dort momentan eine nicht demokratisch gewählte (!) Regierung, in der irgendwelche Extremisten und vor allem aber Politneulinge sind, deren Handlungen nicht absehbar sind. Die eigenartigen Geschichten mit soldatisch verkleideten (oder auch nicht verkleideten?) Russen sind allerdings schwer verständlich.

    Was gibt es da zu bezweifeln angesichts der Bilder und Berichte. und welche Stützpunkte meinen Sie?
    M.W. hat Russland nur den Stützpunkt Simferopol auf der Krim. Wie die „Sicherung der Stützpunkte“ durch anonymisierte Truppen weitergeht, kann man z. B.
    hier nachlesen :

    DIE WELT am 18.3.2014 … in den vergangenen Tagen hätten sich die Versuche „militärischer Einheiten“ gehäuft, ukrainische Stützpunkte zu erstürmen. Insgesamt 38 ukrainische Militärstützpunkte auf der Halbinsel würden inzwischen von russischen Streitkräften blockiert.

    Schwer verständlich ist das Ganze allerdings. Das Referendum wäre sicher auch ohne Militär zugunsten Putins ausgegangen. Aber wenn es um Machterweiterung geht, läßt er nichts anbrennen.

  7. Was gibt es da zu bezweifeln angesichts der Bilder und Berichte. und welche Stützpunkte meinen Sie?
    M.W. hat Russland nur den Stützpunkt Simferopol Sewastopol auf der Krim

    Irgendwo hatte ich kürzlich eine Karte gesehen, die mehrere Punkte auf der Krim zeigte, wo russisches offiziell stationiert sei. Ich habe gestern versucht, das wiederzufinden, leider gelang mir das nicht. Ich hatte auch irgendwo gelesen, dass die russischen Soldaten nicht nur im Stützpunkt aufhalten dürfen, sondern auf der ganzen Krim. Leider kann ich auch hier wieder keinen Beleg liefern, da ich keine auch hierfür keine Quelle mehr findet. Es bleibt also eine unbewiesene, also möglicherweise falsche Behauptung von mir.

  8. Sicherung

    Sie brauchen nicht weitersuchen. Wie bestellt erschien heute in der Printausgabe der WELT dieser Artikel.
    Auf der dabei abgebildete Karte „Mitärbasen auf der Krim“ (online nicht verfügbar) sind markiert:
    Ukraine 12 Basen mit 15.000 Mann
    Russisch 4 Basen mit 20.000 Mann.
    Damit ist auch evident woher plötzlich soviel gut ausgerüstete anonymisierte(*) Soldaten kamen.
    Und welche Soldaten welche Basen „gesichert“ haben dürfte nach den Ereignissen der letzten Tage klar sein.

    (*)Ich hätte bald „neutralisierte“ geschrieben. In der DDR-Halbleiterindustrie war das die offizielle Bezeichnung für das Entfernen der Herkunfts-Bezeichnungen von NSW-Import-Maschinen.

  9. Direkte Demokratie russisch beschleunigt

    „Was will Putin eigentlich?“ fragte Dittsche am 9.3.2014 um dann auf die großartige Idee mit der Putin-World als Kleine Sowjetunion auf der Krim zu kommen, mit Extraspur für deutsche Autos.

    am 16. März 2014 von Frank
    Die EU und die USA wollen das Krim-Referendum nicht anerkennen, liest man momentan in den Nachrichten. Ich finde das interessant, denn hier im Westen wird doch so gern die Wichtigkeit von Demokratie betont. Manchen Ländern wirft man von unserer Seite auch gern mangelnde Demokratie vor. Und heute lief auf der Krim eine durchaus demokratische Abstimmung der Bevölkerung ab. Das ist aber aus Sicht des Westens ganz falsch. Seltsam.
    Man sollte dabei bedenken, dass die Krim eine autonome Republik ist. Und das Parlament der Krim hat nicht den Anschluss an Russland vorgeschlagen (*), sondern lediglich die Unabhängigkeit von der Ukraine. Heute sollte die Bevölkerung der Krim diese Vorlage bestätigen oder eben ablehnen. Das ist eine Form direkter Demokratie.
    Was sollte daran falsch sein? Wieso sollte das gar völkerrechtswidrig sein? Dass eine einseitige Abspaltung nicht mehr als völkerrechtswidrig gilt, hat der Westen selbst zu verantworten, seitdem er im Kosovo einen Präzedenzfall schuf.

    Die Hervorhebung ist von mir.
    Die Kosovo-Krise 1999 will ich hier nicht diskutieren. Nur soviel : Der Kosovo wurde nicht einem anderen Staat zugeschlagen.
    Ansonst stimmt Ihre Aussage zum Präzedenzfall Kosovo einfach nicht. Ich erinnere nur an die Unabhängigkeiterklärungen der Baltischen Staaten und die friedliche Trennung der Tschechen und Slovaken.
    Was es mit der „direkten Demokratie“ auf der Krim auf sich hatte wusste man am 16.3. sicher nicht so genau. Heute liest man :

    Wikipedia:
    Am 27. Februar 2014 besetzten Bewaffnete, die sich als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichneten das Parlamentsgebäude. [4] In der dann folgenden Sondersitzung hatten nach einer Verlautbarung der Pressesprecherin des Parlaments von 64 anwesenden Abgeordneten 61 für ein Referendum über die Unabhängigkeit der Krim gestimmt, das am 25. Mai 2014, zeitgleich mit den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, abgehalten werden sollte.[5] Die Abstimmungen waren nicht öffentlich,[6] Journalisten wurden ausgeschlossen,[7] und Zutritt erhielten nur Abgeordnete, die von Aksjonow eingeladen wurden.[8][9] Während der Sitzung waren Bewaffnete mit Panzerbüchsen im Saal.[8] Nach Recherchen des Aftenposten waren mit nur 36 Abgeordneten zu wenige Abstimmungsberechtigte anwesend, um das Quorum von 51 Mitgliedern für die Beschlussfähigkeit zu erfüllen. Es wurden Stimmen von Parlamentsmitgliedern gezählt, die nach eigenen Angaben nicht anwesend waren.[9] Dies betreffe mindestens 10 der abgegebenen Stimmen, für die aus dem Safe des Parlaments entwendete Duplikate der Stimmkarten verwendet worden seien. Manche Abgeordnete, deren Stimmen registriert wurden, seien nach eigenen Angaben nicht einmal in Simferopol gewesen.[10]Am 11. März 2014 erklärte das Parlament der Autonomen Republik einem Referendum vorgreifend deren Unabhängigkeit von der Ukraine, einschließlich Sewastopols, und rief die Republik Krim aus.[11] Diese stellte nach Abhaltung eines Referendums am 18. März einen Antrag auf Beitritt zur Russischen Föderation. Mit der Ratifizierung des Vertrags durch den russischen Föderationsrat am 21. März 2014 war aus russischer Sicht die Eingliederung als Republik Krim vollzogen.[12] International werden diese Schritte jedoch Am 27. Februar 2014 besetzten Bewaffnete, die sich als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichneten das Parlamentsgebäude weit überwiegend nicht anerkannt.

    Eigentlich braucht es nur 2 Daten :
    – Am 27. Februar 2014 besetzten Bewaffnete, die sich als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichneten das Parlamentsgebäude.
    – Mit der Ratifizierung des Vertrags durch den russischen Föderationsrat am 21. März 2014 war aus russischer Sicht die Eingliederung als Republik Krim vollzogen.[12]
    Dazwischen liegen 3Wochen. Sozusagen Demokratie im Schnelldurchlauf.

  10. Zum Thema Völkerrecht, Krim und Kosovo gibt es eine Passage im Anfang der Woche gesendeten ARD-Exklusivinterview mit Putin. Etwa ab 11 min geht es los. Laut Putin ist – und auf den Aspekt bin ich selbst noch gar nicht gekommen – der Fall Kosovo mit der Krim tatsächlich nicht so einfach vergleichbar, denn im Kosovo wurde die Unabhängigkeit nur vom kosovarischen Parlament beschlossen, während auf der Krim eine Volksabstimmung vorausging.

    Übrigens ist es doch uninteressant, ob der sich als unabhängig erklärende Teil eines Staates sich anschließend einem anderen Land anschließt oder nicht. Die Krim wurde nicht „einem anderen Staat zugeschlagen“, sondern die Mehrheit ihrer Bewohner wollte sich einem anderen Staat anschließen. Das ist ein kleiner Unterschied. Im Übrigen gab und gibt es unter den Kosovo-Albanern auch den Wunsch nach einer Vereinigung mit Albanien. Da sie allerdings noch weitere Gebietsansprüche für ihr Großalbanien vorsehen, stößt das international auf wenig Gegenliebe.

  11. Putin ist ein Lügner

    Ich gebe Ihnen Recht.
    „Zugeschlagen“ ist der falsche Ausdruck, die Krim wurde von Rußland annektiert.
    Im Video ab 10:00min kommt nach dem Anwurf „Sie haben die Krim annektiert …“ von Putin „Was ist die Frage?“.
    Ab 12:30min Putin: „Unsere Streitkräfte haben die ukrainischen Streitkräfte blockiert um Blutvergießen zu vermeiden.“ Seinerzeit auf diese Streikräfte ohne Hoheitsabzeichen angesprochen stritt er jegliche Verantwortung ab mit der Bemerkung solche Uniformen könne man im Laden kaufen.
    Putin ist ein Lügner.

    Frank:
    … die Mehrheit ihrer Bewohner wollte sich einem anderen Staat anschließen.

    Woher wollen Sie das wissen? Angesichts der Tatsache, daß das Votum unter der Herrschaft des russischen Militärs stattfand (Vorwurf des Interviewers ab 13:00min an Putin) und dieser Quelle

    Wikipedia :
    Nach offiziellen Angaben sprachen sich 96,77 Prozent der Teilnehmer für einen Beitritt der Krim zur Russischen Föderation aus, die Wahlbeteiligung habe bei 83,1 Prozent gelegen.[16] Nach einigen Berichten betrug die tatsächliche Wahlbeteiligung allerdings nur 30–50% mit einer Zustimmungsquote von 50–60%.[17]

    ist das zumindest zweifelhaft.
    Und auch das

    Frank: …denn im Kosovo wurde die Unabhängigkeit nur vom kosovarischen Parlament beschlossen, während auf der Krim eine Volksabstimmung vorausging.

    stimmt nicht:

    Wikipedia: Am 11. März 2014 erklärte das Parlament der Autonomen Republik einem Referendum vorgreifend deren Unabhängigkeit von der Ukraine, einschließlich Sewastopols, und rief die Republik Krim aus.[11]

    Aber darauf kommt es nun auch nicht mehr an.

  12. Was soll’s … für mich war das jedenfalls keine Annexion. Selbst wenn die Wahlbeteiligung nur bei 30% und nur 50% Zustimmung gelegen hätte – die Anderen hätten ja dagegen stimmen können. In Dresden gab es mal einen berühmten Bürgerentscheid, der auch nur etwa 50% Beteiligung hatte mit nur über 60% Zustimmung erhielt. Und? Er war trotzdem gültig. Vielleicht war es denjenigen, die nicht mit abstimmten, in beiden Fällen schlicht egal. Es ist von der Krim zumindest kein Fall bekannt, dass Gegenstimmen durch Waffengewalt verhindert, oder Wahlunentschlossene mit Waffengewalt zur Abstimmung getrieben wurden. Kleiner Nebenaspekt:

    Im Video ab 10:00min kommt nach dem Anwurf “Sie haben die Krim annektiert …” von Putin “Was ist die Frage?”.

    Das war eine absolut sinnvolle Reaktion, denn Hubert Seipel hatte ja tatsächlich gar keine Frage gestellt.

  13. Blaupause für Putin ?

    Frank:
    Was soll’s … für mich war das jedenfalls keine Annexion. … Es ist von der Krim zumindest kein Fall bekannt, dass Gegenstimmen durch Waffengewalt verhindert, oder Wahlunentschlossene mit Waffengewalt zur Abstimmung getrieben wurden.

    Wozu dann die Soldaten beim Votum? Bei diesem Votum hatte weder die Zentralregierung noch örtliche Organe die Kontrolle sondern Soldaten ohne Hoheitsabzeichen. Putin gab später zu, daß es russische Truppen waren. Bekanntlich haben die Russen auf der Krim 4 Basen mit 20.000 Mann. Mit denen und ein paar Separatisten kann man schon mal so ein Votum und das Traumergebnis organisieren.
    Mich interessiert wo bei Ihnen eine Annexion vorliegt.
    Die Rechtmäßigkeit dieses Votum begründet Putin ab 12:00min so :

    Putin:
    Darin (im Urteil des Int. Gerichtshofes zum Kosovo) stand, daß in Fragen der Selbstbestimmung ein Volk, das auf einem bestimmten Territorium lebt, nicht verpflichtet ist die Zentralregierung des Staates auf dessen Territorium es sich momentan befindet nach deren Meinung zu befragen. Eine Erlaubnis der Zentralregierung des Landes zur Durchführung solcher Maßnahmen zur Selbstbestimmung ist nicht erforderlich. …
    Was im Kosovo passierte, passierte auch auf der Krim.

    Abgesehen davon, daß Letzteres hinten und vorne nicht stimmt – im Kosovo wurde gemordet – ist er fest davon überzeugt, daß Rußland nicht gegen das Völkerrecht verstoßen hat.
    Ob das was Putin zum Urteil sagt nur für den Fall Kosovo gilt bleibt hier offen. Sollte Putin meinen, das gilt generell, hätte er eine Blaupause z.B. für ein Votum des Russischen Volkes in Litauen.
    Andererseits wäre das auch eine Handlungsanleitung für die indigenen Völker Sibiriens wie die Jakuten.

    Frank:
    Kleiner Nebenaspekt:
    … Das war eine absolut sinnvolle Reaktion, denn Hubert Seipel hatte ja tatsächlich gar keine Frage gestellt.

    Die sinnvollen Reaktionen Putins bestanden an anderer Stelle darin Seipel zu unterbrechen bevor dieser eine Frage stellen konnte (02:00min und 25:00min).

  14. Abenteuerliche Äußerung

    eines Ex-Politikers am 23.11.14 bei Jauch :

    Matthias Platzeck:
    Die Annexion der Krim muß nachträglich völkerrechtlich geregelt werden so daß sie für alle hinnehmbar ist.

    Eher gelingt die Quadratur des Kreises.

  15. Platzecks Dutzend

    Frank:
    Was soll daran abenteuerlich sein? Es gab von Anfang an Stimmen, man solle das am besten einfach so akzeptieren, dass die Krim nun wieder zu Russland gehört. Dass sie überhaupt vorher der Ukraine zugeordnet wurde, war ja mindestens genauso diskussionswürdig.

    Interessanter Artikel. Man hat ja bis dato immer nur mal gelesen daß Chrustschow 1954 anläßlich eines Jubiläums die Krim ein Geschenk an die Ukraine war. Aber rechtfertigen die damaligen parteiinternen Ungereimtheiten eine russische Annexion in 2014 !?

    Wikipedia : Bei dem Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine vom Dezember 1991 stimmten 54 Prozent der Wähler in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Krim mit „Ja“.[

    Von einer Unterdrückung der Russen auf der Krim hat man auch noch nichts gehört. Und was ist daran „am besten“ diese Annexion einfach so zu akzeptieren ?
    Aber Zu Ihrer Frage.
    Wüßten Sie für diesen Satz

    Matthias Platzeck:
    Die Annexion der Krim muß nachträglich völkerrechtlich geregelt werden so daß sie für alle hinnehmbar ist.

    eine Lösung? Ich nicht.
    Platzeck von Jauch darauf angesprochen redet ab der 8.Minute über Putin. Auf Jauchs Nachhaken bei 10:30min kommt er ins Schwitzen:

    Platzeck:Und was die Krim angeht, ich hab´ einen falschen Satz, ich habe versucht einen Sachverhalt in einen Satz zu bringen. Ich hab´s vorher ein Dutzend Mal anders gesagt, danach ein Dutzend Mal auch anders gesagt. Dieser Satz war zu komprimiert, verleitet zu Fehlschlüssen, und deshalb habe ich auch gesagt „so nicht!“. Sondern ich fände es, wenn wir die nächsten Schritte vernünftig gehen wollen, wenn wir den Ostukrainekonflikt eindämmen wollen fände ich es gut, ich weiß daß es nicht sehr nachhaltig ist in Moment, wenn Moskau und Kiew die Kraft und den Mut fänden die Krimfrage völkerrechtlich zu regeln. …

    „alle“ in seinem Ausspruch reduziert er jetzt auf Moskau und Kiew und sein Vorschlag läuft ja darauf hinaus, daß Kiew die Annexion anerkennen soll. Mir fallen dazu außer „abenteuerlich “ noch ein paar andere Adjektive ein.

  16. Das Problem, was ich hier sehe: Wir können hier noch lange darüber streiten, ob das nun eine Annexion war oder nicht und ob das nun mit dem Völkerrecht vereinbar war oder nicht. Ich gebe zu: Was eigentlich in diesem ominösen Völkerrecht drin steht, weiß ich gar nicht. Ich habe es nie gelesen. Und das scheint den meisten so zu gehen, die darüber reden. Der Witz ist auch, dass überall erst Experten befragt werden, wenn in den Medien dazu Stellung bezogen wird. Und es ist teilweise selbst für mich als Laien erkennbar recht abenteuerlich, was sich manche Professoren dann zurecht interpretieren. Vor kurzem habe ich erst so ein Beispiel gelesen, leider habe ich mir den Link nicht gespeichert (und jetzt auch nicht wieder gefunden). Hier ein Beispiel für eine Interpretation, es sei weder eine Annektion noch völkerrechtswidrig gewesen, hier ein anderes, mit der Aussage, es sei zwar keine klare Form von Annektion gewesen, aber auch keine eindeutige, saubere Form einer Sezession. Beide Beispiele müssen wir hier nicht weiter ausdiskutieren, wenn das die Experten schon nicht einmal schaffen, sollten wir unsere Zeit sinnvoller verbringen 😉

    Worauf ich hinaus will: Völkerrecht ist ja erst in der jüngeren Geschichte irgendwie erarbeitet worden und offenbar etwas auslegbar. Mir fällt bei solchen Dingen immer die Filmserie „Fluch der Karibik“ ein, wo zum Codex der Piraten stets gesagt wird, das seien eher so Richtlinien (wenn die Piraten sie gerade wieder einmal übertreten wollen). Ich will das jetzt aber nicht ins Lächerliche ziehen. Frau Krone-Schmalz sagte in der Jauch-Sendung, das Wort „Sezession“käme im Völkerrecht gar nicht vor. Das fand ich beim Zuschauen zwar etwas gewagt von der Argumentation her, aber wenn es so ist, dann hat auch sie offenbar irgendwie damit Recht.

    Was mir in den letzten beiden Wochen auffiel war, dass man den Vergleich zum Kosovo plötzlich etwas neu interpretiert. Zu diesem Thema tauchen nun plötzlich Meinungen auf, die (ursprünglich nicht als völkerrechtskonformn betrachtete) Abspaltung des Kosovo sei durchaus völkerrechtlich in Ordnung, weil dort ja vorher Menschen starben. Das ist zwar eine ziemliche Verdrehung von Ursache und Wirkung, denn im Kosovo fing alles mit serbischen Toten durch Übergriffe kosovo-albvanischer Separatisten an (der UÇK). Heute würde man Terroristen sagen, aber egal. Das ist jedenfalls auch wieder ein Zeichen dafür, dass Völkerrecht ziemlich dehnbar zu sein scheint und bei Bedarf gern auch schon mal um- oder neu interpretiert wird.

    Insofern halte ich eine Diskussion über „Krim und Völkerrecht“ für ziemlich schwierig.

  17. Nachtrag, Thema Kosovo-Vergleich: Mit der Logik wäre es also besser gewesen, wenn erst ein paar Hundert oder nicht-russische Krim-Bewohner gestorben wären?

  18. Was bei Krone-Schmalz alles nicht vorkommt

    Frank:
    Frau Krone-Schmalz sagte in der Jauch-Sendung, das Wort “Sezession” käme im Völkerrecht gar nicht vor. Das fand ich beim Zuschauen zwar etwas gewagt von der Argumentation her, aber wenn es so ist, dann hat auch sie offenbar irgendwie damit Recht.

    Sie hat Recht wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Die Sezessionen Kosovo und Sudan wurden im Nachhinein bei der UNO behandelt.
    Aber sie argumentiert unredlich, obwohl Sie so beginnt :

    Krone-Schmalz:
    Vielleicht sollten wir mal versuchen und das habe ich gelernt und das ist der Job von Journalisten, präzise zu sein.

    Weiter :

    Krone-Schmalz:
    Was sich auf der Krim abgespielt hat ist eine Abspaltung, ist eine Sezession.

    Sezession ist im Völkerrecht nicht verboten, weil es kommt nicht vor, weil, wenn es im Völkerrecht stünde, die Sezession, dann würde es eindeutig dem Selbstbestimmungsrecht im Völkerrecht widersprechen.

    (Ich hoffe daß meine Zeichensetzung dem verhauenem Satzbau dieser Qualitätsjournalistin gerecht wird.)
    Sie erklärt kurzerhand den ganzen Vorgang auf der Krim zu einer Sezession. Und die ist nicht verboten weil die Sezession nicht vorkommt im Völkerrecht. So einfach ist das. Nun kommen bei ihrer Argumentation die russischen Soldaten, welche das Krim-Parlament stürmten, Dienstellen und Kasernen blockierten und die Wahllokale bewachten auch nicht vor.
    Wie nennt man es wenn fremde Soldaten derart auf einem Territorium agieren und im Ergebnis dieses Territorium dem fremden Staatsgebiet zugeschlagen wird ??
    I.Ü. habe ich Frau Krone-Schmalz eine fast gleich lautende eMail geschickt.
    Ihrer WasWäreWenn-Argumentation mit den Krimtoten kann ich nicht folgen. Es hat auf der Krim einfach keine Unterdrückung der Russen stattgefunden.

  19. Ich könnte mir vorstellen, dass Frau K.-S. nicht sofort antwortet, weil sie momentan wahrscheinlich ein ziemlich volles Postfach hat 🙂

    Das mit den Krim- und Kosovo-Toten war nur so als Überspitzung gemeint. Ist nicht so wichtig.

  20. Platzeck und die russische Gefühlslage

    Zur Abrundung – heute war in der DNN ein Interview mit Platzeck, leider online nicht verfügbar :

    DNN:
    Der ehemalige SPD-Chef Matthias Platzeck fordert mehr Verständnis für die russische „Gefühlslage“ …

    Wie der Mann sonst noch tickt :

    DNN:
    gingen Sie in die Politik. Welche Erfahrungen machten Sie da?
    Als brandenburgischer Umweltminister1989 war ich für den Abzug der russischen Streitkräfte mitverantwortlich und habe sehr gut mit dem damaligen Oberkommandierenden Matwei Burlokow zusammengearbeitet. Wir haben uns sogar angefreundet. …
    Erst am vergangenen Wochenende war ich dort (in Moskau) bei einer Veranstaltung zum 20.Jahrestages des Abzuges der russischen Armee aus Osteuropa. Mit etwas Bitterkeit wurde gesagt, dass man zum Jubiläum für diese historische Tat mehr Dank erwartet hätte.

    Wie die Osteuropäer darüber denken lasse ich außen vor.
    Nur Platzeck und seine russischen Freunde haben offensichtlich Kohls Wohnungsbauprogramm für sowjetische Offiziere vergessen:

    <… In der seit 1992 unter russischem Kommando stehenden Westgruppe der ehemals sowjetischen Streitkräfte dienten bis zuletzt Uniformierte aus allen Republiken der einstigen UdSSR. Mit deutscher Hilfe war für die Rückkehrer ein umfangreiches Wohnungsbauprogramm angelaufen: Gut acht Milliarden Mark (4,09 Milliarden Euro) ließ sich Deutschland den Bau russischer Offizierswohnungen kosten. Doch die Wohnungen reichten nicht für alle. 40 Prozent der Soldaten der einst ruhmreichen Sowjetarmee sahen einem kalten Winter in provisorischen Zeltlagern entgegen. …

    Wenn Platzecks Zusammenarbeit mit den Sowjets so gut war dann fragt man sich wieso soviel
    Müll und Dreck,
    mehr oder weniger gefährlich, zurückblieb. Damals wurden die Sanierungskosten auf 25 Mia DM geschätzt.
    Aber bei solchen Jubiläen muß man ja nicht daran erinnern sondern man fordert noch mehr Dankbarkeit ein und Platzeck hat dafür Verständnis.

  21. Ich wüsste jetzt nicht, was daran so schlimm sein soll, dass Platzeck mit Russen befreundet ist oder die russische Gefühlslage verstehen will. Gute Politik sollte immer bedeuten, dass man gegenseitiges Verständnis statt Eskalation sucht und dafür ist es durchaus sinnvoll, sich in die „Gefühlslage“ der anderen hinein zu versetzen. Die Hinterlassenschaften der Sowjetarmee
    haben meiner Meinung nach nicht viel mit dem Thema zu tun. Das würde ja bedeuten, dass man sagt: Okay, Ihr habt uns zwar von einer Diktatur befreit, aber als Gegenleistung haben wir Euch dann immerhin den Müll hinunter gebracht – wofür fordert Ihr also jetzt noch Dankbarkeit?

  22. So wie ich Platzeck verstanden habe ging es um Dank für die historische Tat des Abzuges.
    Ich habe nichts gegen Platzecks Freundschaft und habe diese auch nicht kritisiert. Meine Kritik galt eindeutig der Unterschlagung des Kohlschen Wohnungsbaues, auch durch Platzeck.
    Der Verweis auf den Dreck war nur der Kontrapunkt zu „mehr Dank“, erwartet von den Russen.

Comments are closed.