Sächsische Landeszentrale für politische Bildung: Kritik erwünscht!
Als Vermittler hat man keine leichte Aufgabe. Wer zwischen streitenden Parteien vermitteln will, läuft automatisch Gefahr, dass er den Zorn beider Seiten auf sich lenkt und anschließend erst recht richtig viele Feinde hat. Bequemer ist es da schon, sich nur einer der gegenüberstehenden Positionen anzuschließen. So ist man wenigstens unter seinesgleichen und hat wenigstens deren Beifall sicher. Und noch bequemer ist es, gar nichts zu tun.
Frank Richter von der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung (SLpB) erhielt nach dem vergangenen Montag erstaunlich viel Kritik dafür, dass er PEGIDA die Möglichkeit gab, eine Pressekonferenz in den Räumen der SLpB durchzuführen. Erstaunlich fand ich das deshalb, weil viele Menschen in Dresden diese Ortswahl zwar auch nicht optimal fanden, aber ziemlich pragmatisch meinten, immerhin sei hiermit wenigstens ein erster Schritt getan: PEGIDA-Vertreter reden endlich einmal mit der Presse. Hauptsache, es passiert einmal etwas in der Richtung – wo ist das Problem, dass die SLpB es ermöglicht hat?
So sah ich es auch und war anschließend etwas verwundert, dass sich manche ziemlich darüber aufregten. Heute fand genau aus dem Grund, dass Kritiker sich dazu äußern konnten, die kurzfristig geplante Veranstaltung „Kritik(er/innen) erwünscht!“ in der SLpB statt. Dass sich jemand überhaupt so der Kritik stellt, ist eine Ausnahmeerscheinung (über die vor allem Politiker nachdenken sollten) und bereits durch dieses Stattfinden schon einmal lobenswert.
Ehe ich hier lange Pro/Kontra-Diskussionen wiedergebe: Ich kann es kurz machen, denn auf den Punkt brachte es ein Mann, der sich als Polizeipfarrer vorstellte (ich verstand den Namen nicht, es könnte Christian Mendt gewesen sein). Er erzählte zunächst, dass er auch die Aufgabe hatte, die Polizei-Einsätze bei PEGIDA zu begleiten, wo er versuchte, mit vielen Demonstranten auf beiden Seiten zu reden. Anschließend sagte er, er sähe bei dieser Kritik an der SLpB, dass vielen ein sehr wichtiges Detail nicht klar zu sein scheint:
Es war eine Situation, die eskalieren hätte können, mit Toten, es ging um eine schnelle optimale Information. Einfach um den Frieden zu bewahren.
Das gab sehr viel Applaus und mehr muss man zu dem Thema eigentlich nicht sagen.
Denn immerhin lag wirklich eine Terror-Warnung vor und laut Frank Richter wollten die Vertreter von PEGIDA sicher gehen, dass alle potentiellen Besucher von der Absage über möglichst viele Kanäle erfahren. Ist es da nicht nebensächlich, wo diese Information ermöglicht wurde?
Insofern könnte ich diesen Artikel hiermit auch schon beenden.
Da ich nun aber die ganze Zeit Notizen gemacht habe, hier noch einige der geäußerten Kritikpunkte:
Einer der ersten Redner sagte: Er fände diese Raum-Bereitstellung falsch. Denn da betont Frau Oertel aus dem Orga-Team von PEGIDA einerseits ihre Beziehungen zur Wirtschaft – wie kann es da sein, dass sie dann unfähig ist, mit diesen Kontakten einen Raum für eine Pressekonferenz zu finden? Mein eigener Gedanke dazu war, dass in ihrer Gruppe sogar noch andere Leute sind, die angeblich Erfahrungen in der Lokalpolitik haben. Siegfried Däbritz war in der FDP, Thomas Tallaker saß für die CDU im Stadtrat Meißen. Warum sind solche Leute mit ihren Erfahrungen nicht in der Lage, einen Raum für eine Pressekonferenz aufzutreiben?
Aber warum richtet sich die Kritik daran gegen die SLpB? Frank Richter und seine Mitarbeiter sind doch nicht schuld oder gar verantwortlich für diese Unfähigkeit des PEGIDA-Teams. Richter erzählte, dass die PEGIDA-Vertreter einfach nicht wussten, wie man so etwas wie eine Pressekonferenz macht und ihn sogar gebeten hätten: „Helfen sie uns mal, wie kriegt man denn das hin mit der Presse?“
Ich habe schon im letzten Artikel die Vermutung geäußert, dass die PEGIDA-Initiatoren anscheinend heillos überfordert sind mit ihrem unerwarteten Zulauf. Das bestätigte sich für mich bei den heutigen Auskünften. Daran ist aber nicht die SLpB schuld. Das wirft eher ein ziemlich peinliches Licht auf Frau Oertel und ihre Gruppe (Bachmann ist ja nun raus).
Mehrfach wurde der Kritikpunkt genannt, das sei eine einseitige Pressekonferenz gewesen und dann hätte man auch der Gegenbewegung eine Plattform bieten müssen. Das sehe ich aus zwei Gründen nicht so. Erstens ist jede Pressekonferenz zunächst einmal einseitig, denn dabei verkündet immer die abhaltende Organisation (Firma, Partei …) ihre Position. Wie soll das auch anders gehen? Zweitens stellt sich die Gegenseite scheinbar nicht so dilettantisch an wie PEGIDA. Warum soll die SLpB krampfhaft eine Gegen-Pressekonferenz initiieren, wenn diese Gegenseite das auch selbst schafft? Außerdem wies Richter darauf hin, dass bereits diese eine Pressekonferenz eine problematische Entscheidung war, nur als Notlösung gedacht war und nicht wiederholt werden soll.
Ein Kritiker dieser Kritiker wandte sich an (offenbar vorhandene) anwesende Journalisten: „Das war eine Pressekonferenz. Anwesende Journalisten hätten durch gezielte Fragen PEGIDA „entzaubern“ können. Das ist nicht passiert, warum kommt von Ihnen dann jetzt diese Kritik?“
Kritikpunkt: Was sollen Migranten denken bei dieser Raumbereitstellung? Das ist ein falsches Signal.
Dagegen lässt sich wenig einwenden, aber ich will hier auch nicht sämtliche Kritiken widerlegen. Warum auch?
Kritikpunkt: PEGIDA hat über 150.000 Likes auf Facebook. Erreichen die denn damit nicht ihre Anhänger, warum dann noch eine Pressekonferenz? Meinen Sie ernsthaft, dass eine Absage dazu geführt hat, dass sie nicht woanders stattgefunden hätte?
Ich verweise hier auf die Aussage des Polizeipfarrers. Und man wollte so viele Leute wie möglich über die Absage informieren, auf allen verfügbaren Kanälen. Außerdem bezweifle ich ohnehin, dass die PEGIDA besuchenden Rentner bei Facebook sind. Die informieren sich wahrscheinlich eher aus alter Gewohnheit über die „Lügenmedien“ …
Ganz zum Schluss der sehr geordnet verlaufenen Veranstaltung wurde es übrigens noch kurz turbulent, als einer der Kuratoren der SLpB erklärte, das Kuratorium würde in einigen Tagen eine Sitzung abhalten und dort Frank Richter „das Vertrauen aussprechen, weil er einen verdammt guten guten Job macht“. Daraufhin erhob sich von einigen Anwesenden Protest, der sinngemäß darauf hinaus lief: Aha, wenn alles so toll ist, warum sitzen wir dann eigentlich hier? Mir kam der Gedanke in dem Moment auch kurz. Allerdings schließt sich beides nicht aus, denn man kann trotz einer kritisierbaren Einzelaktion von Frank Richter seine Arbeit trotzdem (und gerade) als wichtig und gut betrachten.
Genauso sehe ich das auch. Und damit ist dieser Bericht nun wirklich beendet.
Auf den Punkt gebracht, Frank. Hervorragend.
Danke! Für die letzten Wochen. Für den gelungenen Versuch einer Berichterstattung vor Ort. Haste gut gemacht!
Danke! Übrigens wollte ich am letzten Montag erstmalig zu PEGIDA gehen, um mir das einmal selbst vor Ort anzusehen (nicht als Besucher, nur als Beobachter). Und ausgerechnet an dem Tag fiel es aus. Ich bitte die islamistischen Terroristen, sich das nächste Mal terminlich besser mit mir abzustimmen 😉
Ich war auch anwesend und kann die Wahrnehmung des Bloggers nur bestätigen. Ergänzung: Mir fiel der Begriff „fundamentalistische Demokraten“ ein, als ich die Vorwürfe gegen Frank Richter hörte.
Die schlichte Argumentationsweise einiger Kritiker kam mir bekannt vor – aus SED -Parteiversammlungen.
Großen Dank auch von mir! Ich hoffe, dass das viele Menschen lesen und verstehen.
Vielen Dank für den Bericht. Du legst die Objektivität an den Tag, den ich anderswo oft vermisse. Und was Frank Richter angeht: Wer nichts macht, macht nichts falsch.
Dank auch von mir, Frank. Ich hatte mir die Details der Veranstaltung schon ausgedruckt, um mir dann vor Ort in der SLpB drauf Notizen zu machen, doch mein „Keuchhusten“ sagte mir ‚Nee, lass mal, umso weniger Stress, desto besser.“
Bei einer Bemerkung bzw. einem Absatz musste ich schon schmunzeln:
Zitat-Artikel : „… dort Frank Richter „das Vertrauen aussprechen, …“
Du bist dir sicher, dass es nicht das „vollste Vertrauen“ war und die Person nicht Angela Merkel hieß, oder? 🙂
Alles in allem fand ich die Idee Richters sehr gut und ja, man kann die Pressekonferenz kritisch sehen, doch sich so schnell einer Selbstkritik zu stellen … naja, du schriebst es bereits …
Ich könnte mir zudem vorstellen, dass es den meisten im PEGIDA-Vorstand so geht wie Bachmann, der jetzt froh ist montags auf der Couch sitzen zu können …
Das ganze PEGIDA-Ding leidet aus meiner Sicht ehedem daran, dass viele lieber mit Eiern – häufig noch dazu fremden Eiern – werfen als selbst welche zu haben.
Der Kommunikationswissenschaftler würde sagen: „Kommunikation ist besser als keine Kommunikation.“
Dabei sei angemerkt: Kommunikation ist nicht gleich den Mund auf machen.
Ich sehe es genauso wie sie und verweiße auf meine Blog.
Liebe Grüße