Wasserprivatisierung?

Erwin Pelzig hat sich in der letzten Sendung „Neues aus der Anstalt“ an Thomas Gottschalk orientiert, um – eigentlich untersagte – Werbung zu zeigen. Kann man sich in der Mediathek (ab 8:40 min) ansehen, die Sache mit der Werbung kommt ab 10:40 min. Im Unterschied zu Gottschalk hat Pelzig, also Herr Barwasser, aber keinen finanziellen Vorteil, denn er macht Werbung für eine Bürgerinitiative, die sich gegen Wasserprivatisierung in der EU wendet: right2water

Aber übertreiben Pelzig und die Initiatoren der Bürgerinitiative da nicht ein wenig? Formulierungen wie „Wasser ist ein Öffentliches Gut, keine Handelsware“ klingen so, als wäre Wasser für uns bisher überall umsonst zu haben und „die da oben“ wollten die Wasservorräte verkaufen bzw. privatisieren. Aber darum geht es gar nicht, sondern lediglich um die Art der Aufbereitung und Bereitstellung des Wassers. Also solcher Sachen, die typischerweise in Deutschland die städtischen Wasserwerke machen. Und deren Dienste sind auch nicht kostenlos. Ich bin durchaus nicht dafür, dass so etwas privatisiert werden sollte (z.B. Berlin scheint keine guten Erfahrungen mit solchen Tests gemacht zu haben), aber bezahlen müssen wir auch die städtischen Wasserwerke und die mit der Bereitstellung sauberen Trinkwassers verbundenen Arbeiten. Auch wenn städtische Wasserwerke nicht auf Profitmaximierung ausgelegt sind, müssen sie trotzdem ebenfalls ökonomisch agieren. Sie müssen also zumindest darauf achten, keinen Verlust zu machen. Das ist für uns allerdings besser als eine Firma, die Gewinnmaximierung anstrebt, insofern bin ich mit den Kritikern einer Meinung.

Wenn es aber irgendwo in Europa eine völlig unökonomisch arbeitende oder schlecht funktionierende Wasserversorgung geben sollte, dann könnte eine private Wasserversorgung durchaus eine Lösung sein.

Was ist eigentlich geplant? In der Sendung „Monitor“ wurde das vorgestellt: „Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will“.

In Portugal – so wird es im Film beschrieben – wurde bereits der Wasserversorger Aguas de Portugal privatisiert, was laut Monitor zu hohen Preisanstiegen führte. In Griechenland soll Thessaloniki Water (EYATH) privatisiert werden. Allerdings wird an anderen Stellen nur erwähnt, dass Thessaloniki Water nur zum Teil privatisiert werden soll: „Athen hat angekündigt, Aktienpakete an den als attraktiv geltenden Wasserversorgern zu veräußern: zehn Prozent an Athens Water (EYDAP) und 23 Prozent an Thessaloniki Water (EYATH)“. Zum portugiesischen Aguas de Portugal ist auch immer nur von Teilen des (außerdem kleinen) Unternehmens die Rede. Ich finde es falsch, wenn Dinge übertrieben dargestellt werden, denn damit bietet man Kritikern nur zu leichte Angriffsflächen.

Auslöser der Kritik ist die „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe“. Darin findet sich folgende Passage:

(11) Um bei der Anwendung der Konzessionsvergabevorschriften in  den Bereichen der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste eine wirkliche Marktöffnung und ein angemessenes Gleichgewicht zu erreichen, dürfen die von der Richtlinie erfassten Einrichtungen nicht  aufgrund ihrer Rechtsstellung definiert werden. Es sollte daher sichergestellt werden, dass die Gleichbehandlung von Vergabestellen im öffentlichen und im privaten Sektor nicht gefährdet wird. Zudem ist gemäß Artikel 345 AEUV dafür zu sorgen, dass die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt bleiben.

Wie in Monitor beschrieben, glaubt Heide Rühle (DIE GRÜNEN), dass man hier Tendenzen zu weiteren Schritten der vollständigen Privatisierung sehen kann. Mit anderen Worten: Es steht so nicht in der Richtlinie. Sagt der Satz „dass die Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten unberührt bleiben“ soll nicht sogar, das vorhandene Strukturen so bleiben sollen, wie sie sind? Dass also eine Privatisierung nicht stattfinden soll?

Keine Ahnung, wie findige Juristen das auslegen werden. Insofern gebe ich Frau Rühle Recht, dass hier wirklich Vorsicht geboten ist und Ansätze zu falschen Tendenzen gesehen werden können. Die Gefahr besteht tatsächlich, dass bei Neuvergaben private Firmen Dumpingangebote machen und anschließend die Qualität nicht sichern können. Manche Sachen sollten vielleicht besser in kommunaler Hand bleiben. Und da man immer skeptisch sein und den Anfängen wehren sollte, habe ich die Unterschriftensammlung auch vorbeugend mit unterzeichnet.

5 Comments

  1. Hmm, ja, es könnte sein, das Private Unternehmen das besser können wenn öffentliche Versorger irgendwo in Europa versagen. Soweit so gut. Das Problem liegt dabei nur in der Arbeit der privaten Anbieter. Ein Privater Anbieter wird dort zuerst ansetzen wo er den Maximalen Gewinn raus holen kann. Das bedeutet die werden alle direkt beginnen wollen Berlin Dresden oder Hamburg zu versorgen. Bei Orten Wie Pirna, oder Oranienburg oder oder oder, bin ich mir da nicht so sicher. Und wenn ein Anbieter das für deren Orte durchrechnet wird er schnell Preise erheben die niemand mehr Zahlen kann und will für die Wasserversorgung. Dafür gibt es übrigens schon Beispiele( selbst in Deutschland, habe ich glaube vor einiger Zeit mal im Länderspiegel gesehen.) Es wird dort genauso laufen wie bei der Flächendeckenden Grundversorgung der Republik mit schnellem Internet. Man erfindet immer wieder neue Sachen. z.B. LTE um die Landbevölkerung endgültig ans Internet zu bringen und dann müssen die großen Konzerne das in den großstädten aber erstmal ausgibig testen und am Ende ist es wieder so veraltet, dass man das der Landbevölkerung nicht mehr anbieten kann. 😉 Irgendwas ist ja immer.
    Die Ziele eines Privaten Unternehmens sind einfach so deutlich anders, dass es aus jeglicher Form der Grundversorgung in meinen Augen heraus gehalten werden sollte. Aber das ist nur meine Meinung. 🙂

  2. Die Ziele eines Privaten Unternehmens sind einfach so deutlich anders, dass es aus jeglicher Form der Grundversorgung in meinen Augen heraus gehalten werden

    Ich würde hier aber unterscheiden zwischen lebensnotwendigen Dingen (Wasser) und Dingen, die das nicht sind (Internet). Ich sehe das (mit der Einschränkung) prinzipiell eigentlich auch so, aber wenn man ehrlich ist, muss man zugeben: Bei anderen lebensnotwendigen Dingen wie Wohnen und Stromversorgung klappt meist ganz gut mit nicht-kommunalen Anbietern (womit ich nichts gegen die Dresdner Stadtwerke sagen will, bei denen wir Kunde sind).

  3. Privatisieren heißt ja nicht, sich die Rosinen herauspicken zu können, sondern in diesem Fall im staatlichen Auftrag Leistungen zu übernehmen. Ähnlich der Müllentsorgung, die in Dresden durch die Stadtreinigung z.T. an diverse private Unternehmen outgesourced wurde. Die Stadtentwässerung Dresden ist übrigens schon zu 49% teilprivatisiert.

  4. Nun ja nun ja, sicherlich gibt es Abstufungen und ob Internet zur Grundversorgung gehört ist ne andere Frage. Mir geht es um das dahinterliegende Prinzip. So ähnlich wie mit den Internetanbietern wird es auch bei anderen Sachen laufen.
    Bei der Stromversorgung denke ich zum Beispiel genau das Gegenteil. Ich denke nicht das das in Privater Hand die ganze Zeit so gut gelaufen ist. Sonst hätten wir ja Netze die mehr ab können, Dezentralere Versorgung, kein Entsorgungsproblem für den Strahlenmüll und vieles mehr. Ich gebe zu, dass es vielleicht hilft wenn mit vielen kleinen Privaten Gesellschaften vor Ort gearbeitet werden kann. Aber bei Oligopolen die sich dann imemr entwickeln im freien Markt, geht das Prinzip immer nur nach dem Dicksten Haufen und alles andere fällt hinten runter.
    Man kann fast von Glück sagen, dass die Entsorgungsbetriebe der Städte noch in Öffentlicher Hand sind, denn auch da zeigen Gelber Sack und Grüner Punkt und selbst das Einwegpfand doch, das diese Systeme nur da sind um wieder auf den dicksten Geldhaufen zu machen. Also ist es in meinen Augen leider sowas wie Sozialromantik wenn man annimmt, dass Konzerne natürlich auch die „schlechten“ Dinge mit machen müssen bei der Privatisierung. Theoretisch sicher, praktisch sagt aber niemand wann und dann macht man sie wenn es eigentlich zu spät ist, also frühstens.

  5. Man kann nur immer wieder darauf hinweisen: Ein Unternehmen in öffentlicher Hand garantiert kein klareres Wasser, keine günstigeren Preise, keine besseren Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter und auch keine Nachhaltigkeit. Es kommt immer auf die Geschäftspolitik des Unternehmens und letztlich auf die Vorgaben der Anteilseigner an.

    Kommunale Eigentümer üben auf die Leistungsträger in den Unternehmen in vielen Fällen den selben Kostendruck aus wie private Eigentümer. Kommunale Eigentümer verwenden die Gewinne und Rücklagen der Versorger für Prestige-Projekte und zur Quersubventionierung, ohne sich im Geringsten um die Kunden und Mitarbeiter zu scheren. Ob ein kommunaler Eigentümer, ein Großkonzern oder ein Finanzinvestor (»Heuschrecke«) die Wartung vernachlässigt, ändert letztlich nichts am Ergebnis.

    Deshalb ist es wohl am besten, wenn sich ein nachhaltig orientiertes Privatunternehmen mit einer größeren Minderheitsbeteiligung in die kommunalen Stadtwerke einbringt. Beide Eigentümer (öffentliche Hand und privater Investor) dürfen bei allem Gewinnstreben nicht das wichtigste Ziel aus den Augen verlieren: Stabile Wasserversorgung über Jahrzehnte. Das wäre der Idealfall. Die hochriskanten Modelle und Produkte der Finanzindustrie sollten in der Versorgungsbranche möglichst keine Rolle spielen (siehe: Finanzskandale in Leipzig und anderswo).

    Außerdem muss es eine öffentliche Kontrolle geben. Leider hat es die Presse schon lange aufgegeben, über solche Themen kritisch und journalistisch wertvoll zu berichten.

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