Kein freies WLAN in Dresden. Und warum auch?

Also, nicht dass ich etwas gegen ein frei nutzbares WLAN im gesamten Stadtgebiet hätte! Das wäre gelegentlich durchaus praktisch. Aber ich komme damit zurecht, dass gestern in der Stadtratssitzung abgelehnt wurde, ein freies und kostenloses WLAN im gesamten Stadtgebiet einzurichten. Dass ich diese Ablehnung akzeptiere, hat nichts damit zu tun, dass dieser Antrag von einer Fraktion kam, die ich vielleicht nicht leiden kann. Meine Einwände würde ich auch äußern, wenn derselbe Vorschlag von einem x-beliebigen Bekannten gekommen wäre. Der Antrag kam übrigens von DIE LINKE.

Die Begründung für den Antrag (siehe Nachtrag) klingt zunächst sehr engagiert und nachvollziehbar. Aber man kann sich trotzdem fragen: Warum brauchen wir ein kostenloses WLAN – oder allgemeiner gesagt: Warum brauchen wir kostenloses Internet für alle? Bisher klappt es bei uns doch auch sehr gut mit dem Internetzugang. Es ist ja nicht so, dass Leute, die Internetzugang haben wollen, davon ausgeschlossen bleiben* oder ihn nicht finanzieren können. Alle, die das wollen, sind im Netz, für keinen scheint die Bezahlung ein Problem zu sein, selbst Sozialhilfeempfänger haben Internet, jeder kann sich die Zugangsgeschwindigkeit und die gewünschten Dienste aussuchen, die für ihn jeweils sinnvoll sind – warum dann noch parallel dazu ein allgemein zugängliches WLAN?

(*jaja, außer in Striesen …)

Oder anders gefragt: Für wen soll dieses kostenlose WLAN eigentlich einen Sinn ergeben? Für Einwohner? Siehe oben. Für Studenten? Die würden sich bestimmt freuen, wenn sie ein wenig Geld sparen könnten, aber bisher hatten sie auch keine Probleme, Wikipedia und Youporn zu erreichen. Sollte es für Touristen sinnvoll sein? Diejenigen Touristen, die ihr Notebook mitbringen, werden sich wohl vorausschauend ein Hotel mit WLAN aussuchen. Und wenn sie in der Stadt unterwegs sind, werden sie wiederum kaum dieses Notebook mit herum schleppen.  Dann haben sie das Smartphone dabei.

Smartphone – das ist das Stichwort bei dem Thema „kostenloses WLAN für alle“. Denn angesichts der Tatsache, dass heute sowieso jeder ein Smartphone mit Internetflatrate bei sich hat, ist es nicht nachvollziehbar, warum man parallel dazu noch ein flächendeckendes WLAN anbieten sollte.

„Ja, aber in anderen Städten geht es doch auch!“, wurde sofort nach der Ablehnung protestiert. In Luzern beispielsweise, oder in Bern und Baden. Das ist allerdings nicht ganz vergleichbar, denn in allen diesen Fällen sind private Betreiber die Initiatoren, die sich damit Werbung erhoffen. Wenn in Dresden eine Firma ein ähnliches Projekt durchführen wollte, dann kann sie das gern tun. Warum aber die Stadt so etwas selbst übernehmen soll, ist nicht ganz nachvollziehbar. Der technische Aufwand ist anscheinend ebenfalls nicht zu unterschätzen. In Luzern wird nur ein relativ kleines Stadtgebiet abgedeckt. Dafür mussten recht viele Access-Points installiert werden: „Hierzu wurden die Bereiche mit 65 Hotspots ausgestattet. Diese sind in einer Entfernung von 100 Metern installiert und über das ewl-Glasfasernetz mit dem Internet verbunden.“ (Quelle)

Wenn man das auf das Gebiet von Dresden überträgt, klingt das doch nach einem gewissen technischen Aufwand.

Ein kostenloses WLAN für alle würde noch einen ganz anderen Effekt hervorrufen: Die Quasi-Legalisierung illegaler Downloads. Wäre gerade Wahlkampf, könnte man regelrecht vermuten, die LINKE wollte den Piraten mit ihrem Antrag Wähler abwerben. Warum würde das solche Downloads fördern? Ganz einfach: Die  allgemein üblichen Musik- und Filmdownloads über Filehoster sind mit (wie ich mir sagen lassen habe) langen Wartezeiten verbunden. Das wesentlich schnellere Torrentsystem ist bekanntlich mit der Gefahr von Abmahnungen verbunden, weil jeder Teilhaber eines Torrent-Netzes über seine IP eindeutig identifizierbar ist. Es sei denn, man nutzt ein fremdes WLAN. Dann wird nur die IP des WLAN-Betreibers erfasst und dieser erhält die Abmahnung.

Wenn Dresden ein kostenloses flächendeckendes WLAN einrichten würde, dann sage ich hiermit voraus, dass bei uns bald ein rätselhafter sprunghafter Anstieg des Datentransfers über Torrent-Netze zu verzeichnen wäre. Wenn Dresden die absehbare Abmahnwelle flächendeckend übernehmen will, gern (aber bitte nicht von meinen Steuern). Schade, dass nun nichts daraus wird – denn ich hätte später sicher gern einmal wieder behauptet: Das habe ich kommen sehen!

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Antrag, Fraktion DIE LINKE

„Freies und kostenloses WLAN im gesamten Stadtgebiet“

Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat möge beschließen:

Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt,

1. die technischen, organisatorisch-rechtlichen und finanziellen Bedingungen zur Einrichtung
eines freien und kostenlosen WLAN-Netzes zu schaffen, das den Bürgerinnen und Bürger
sowie Gästen unserer Stadt einen kostenlosen mobilen Zugang in das Internet gewähr-
leistet,

Begründung:

Für DIE LINKE. in Dresden stellt ein freies W-LAN einen Teil öffentlicher Daseinsvorsorge dar. Der Zugang zu Informationen und ungehinderte Kommunikation sind unabdingbare Voraussetzungen für politische Teilhabe und wirtschaftliche Betätigung von mündigen Bürgerinnen und Bürgern.

Artikel 87 des Grundgesetzes verpflichtet die Bundesregierung, flächendeckend für angemessene Telekommunikationsdienstleistungen zu sorgen. Dazu gehören heute Breitbandinternetanschlüsse. Die Telekommunikationsunternehmen, die in Deutschland sehr gut verdienen, sind zur Versorgung der gesamten Fläche, aber auch in allen städtischen Gebieten verpflichtet. Diesem Anspruch wird in Dresden aus vielerlei Gründen (noch) nicht entsprochen.

Generell ist festzustellen, dass der drahtlose Internetzugang analog zur wachsenden Zahl von mobilen Geräten wie Laptops oder sog. Tablet-Computern und Mobiltelefonen immer mehr Verbreitung findet. Neben kommerziellen Anbietern wie Hotels oder Gastronomen betreiben auch Bürgerinitiativen, Privatpersonen oder Vereine Funknetze, in die man sich per Passwort oder auch vollständig frei einloggen kann. Dies verbessert den öffentlichen Internetzugang und kann mittels der gemeinschaftlichen und damit kostengünstigen Nutzung von Internetzugängen auch zur Überwindung der digitalen Spaltung beitragen. Auch im Bereich des Tourismus und anderen Branchen kann dies zusätzliche wirtschaftliche Impulse auslösen.

Mehrere Bundesländer u. a. auch unsere Partnerstadt Hamburg wollen eine Initiative im Bundesrat anstoßen, die es lokalen Betreibern ermöglicht, freien WLAN-Zugang ohne haftungsrechtliche Risiken anzubieten. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will erreichen, dass alle Berliner innerhalb des S-Bahn-Rings über ein privat betriebenes Netz kostenlos auf das Internet zugreifen können.

(Quelle)

11 Comments

  1. Da haben sich innerhalb der LINKEN die Anhänger der Kostenlos-Kultur gegen die Realos durchgesetzt. Anhänger der Kostenlos-Kultur stellen sich niemals die Frage, woher die Ressourcen kommen, die sie so freigiebig zu verteilen gedenken.

    Von rechtlichen Fragen mal ganz abgesehen: Die meisten Flatrates haben gewissen implizite Einschränkungen. So kann durch Traffic-Shaping die Datenübertragungsrate eines Anschlusses eingeschränkt werden, wenn ein gewisses Volumen überschritten ist. Das ist im Grunde Notwehr der Kabelbetreiber und der Telekommunikations-Unternehmen.

    Um zu Klaus Wowereit zu kommen (der prima in die Linkspartei passen würde): Er hat ja momentan allen Grund, von eigenem Versagen abzulenken.

  2. Jetzt sei mal nicht so pingelig gegenüber dem sympathisch herüberkommenden Wowi! Kann doch mal passieren, dass ein Flughafen ein wenig teurer wird oder im Bau länger dauert. Außerdem hat das ja auch Vorteile:

    Quelle: Eulenspiegel

  3. Ich habe mir bisher nur Luzern angeschaut. http://www.ewl-luzern.ch/index.cfm?srv=cms&rub=65&id=100171 Das freie W-Lan wird vom Energieversorger betrieben, eine Aktiengesellschaft, deren Aktien zu 100% Im Besitz der Stadt Luzern sind. http://www.ewl-luzern.ch/?rub=39 Wenn du ein wenig weiter recherchierst, wirst du Informationen darüber finden, dass der Energieversorger durch einen Ratsbeschluss dazu beauftragt wurde. Weiterführende Informationen oder gar Studien habe ich dazu noch nicht gefunden. Wie Google Maps verrät, befindet sich in dem Gebiet der Bahnhof, ein Kunstmuseum, die Zentral- und Hochschulbibliothek, die Stadtbibliothek, einige Hotels, es betrifft allgemein das Thema Tourismus und auch das Rathaus ist in dem Gebiet. Das freie W-Lan wird dort immerhin schon 2007 eingeführt, sehr wohl wäre es mal interessant da genauer hinzuschauen, was sich verändert hat.

    Die Sache mit der „Quasi-Legalisierung illegaler Downloads“ sagt mir übrigens nur, dass du dich nicht damit beschäftigen willst, sondern lieber mit Plattitüden um dich wirfst.

  4. Hier kann man sich die Diskussion im Stadtrat übrigens noch nachträglich anhören. Danke für den Hinweis von G. Schäfer.

    Und hier kann man das Public Pad der Sitzung lesen, sowie hier die einzelnen Tagesordnungspunkte jeweils als eigene Audiodatei nachhören. (Korrektur 2015: Audiodatei nicht mehr online)

  5. @Steffen: Okay, dass ewl Luzern gehört und von der Stadt dazu beauftragt wurde, wusste ich nicht. Aber auch in den beiden anderen Beispielen wird darauf hingewiesen, dass private Betreiber die Initiatoren sind.

    Die Sache mit der “Quasi-Legalisierung illegaler Downloads” sagt mir übrigens nur, dass du dich nicht damit beschäftigen willst, sondern lieber mit Plattitüden um dich wirfst.

    Inwiefern ich hier mit Plattitüden um mich werfe, musst Du mir genauer erklären. Ein Anstieg solcher Downloads wäre die logisch absehbare Folge. Jeder, der sich Musik, Filme, Software per torrent „saugen“ will, müsste sich nicht mehr hinter verlangsamenden VPN-Ketten verstecken, sondern könnte sich bequem alles aus dem städtischen WLAN ziehen. Er wäre nicht ermittelbar. Das wäre für denjenigen die von mir erwähnte “Quasi-Legalisierung“.

    Abgesehen davon wäre ein Anstieg solcher Downloads ja auch gar nicht das Problem. Denn selbst wenn solche Downloads nicht zunehmen, sondern sich lediglich von privaten Internetzugängen auf das freie WLAN verlagern würden, dann würde die Stadt sich immerhin noch das rechtliche Problem aufhalsen, was bisher jeder selbst verantworten musste.

    Und es bleibt die Frage: Wem sollte ein solches städtisches WLAN eigentlich nutzen? Wenn man sich die (im letzten Kommentar verlinkten) Audiodatei anhört und den Sprecher der LINKEN bei seiner aufgeregten Begründung erlebt, dann bekommt man doch den Eindruck, dass die selbst noch viel weniger darüber nachgedacht haben als wir.

  6. Auch wenn ich für die meisten Kontra-Argumente ein gewisses Verständnis habe, wäre ich als Betroffener der „restlichen 25%“ http://www.dsl-striesen.de/content/110413-Anfrage-kaden-dsl-ausbau-striesen.pdf doch allzu gern aus dem z.Z. quasi unbefristeten „digitalen Abseits“ befreit worden. Weil dummerweise unsere Vorfahren dieses „Haus mit weniger als 5 WE“ nahe dem Schillerplatz und somit auf der „breitband-falschen“ Elbseite errichteten, MUSS ich nun sogar einen LINKE-Antrag sympathisch finden 😉

  7. Wenn der Energieversorger in Luzern so viel Geld übrig hat (oder wenn die Stadtverordneten davon ausgehen, dass er so viel Geld übrig hat), dann sollten wir uns als Dresdner nicht das Gleiche erhoffen. Unsere DREWAG hat das Geld jedenfalls nicht übrig. Und es gehört auch nicht zu den Aufgaben eines Energieversorgers.

    Es ist typische Politik der Partei Die LINKE, den Bürgern Leistungen auf Kosten Anderer anzubieten. Das kann man nicht durchgehen lassen — in einer Zeit, in der die Stadt kaum die Kernaufgaben bewältigt.

    @Stephan: Bist Du sicher, dass dieses Netz bis DD-Blasewitz gereicht hätte? Schon im 26er Ring dürfte es sehr teuer werden.

    @Steffen: Das Netz deckt laut Karte nur einen kleinen Teil der Stadt ab. Es wäre zu prüfen, ob technische Vorkehrungen für eine »verträgliche Nutzung« geschaffen wurden, etwa die Sperrung bestimmter Ports oder eine Einschränkung des Traffics. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort ein Netz nach dem Motto »macht doch, was Ihr wollt« eingerichtet wurde.

  8. @ Stephan: Wenn ich noch in Striesen wohnen würde, wäre ich auch absolut dafür! 🙂

    @ allg: Mir geht es noch nicht einmal primär um die (wahrscheinlich hohen) Kosten, sondern ich frage mich hauptsächlich nach dem Sinn der Sache. Je mehr ich darüber nachdenke, desto abwegiger finde ich den Gedanken, im Zeitalter schneller Internetzugänge per Smartphone* ein stadtweites WLAN zu errichten. Vor 10 Jahren wäre das ja irgendwie noch nachvollziehbar und innovativ gewesen, aber heute ist es ein veralteter Ansatz.

    (* Wie ich mir sagen lassen habe, sind die ja teilweise schneller als DSL)

  9. Hallo Fr,

    jetzt musst Du eine zusätzliche WLAN Karte für den Alaunpark einstellen 😉 Und die Westerweiterung kommt bestimmt auch bald. Ich bin ein Befürworter der Wohlstandsgesellschaft. Denn schließlich hat ja der Mensch die Technik ins Leben gerufen, damit er es bei der Arbeit leichter hat bzw. nicht mehr so viel arbeiten muss. Was machen wir stattdessen…wir arbeiten immer mehr, statt unser Leben zu genießen…das jeder nur einmal hat. Und das sicherlich stellt sich niemand die Frage woher die Ressourcen kommen. Es interessiert ja auch keinen…die Milch kommt aus dem Kühlschrank und die Wurst aus dem Kühlregal und das Geld dafür von der Bank usw. Unsere Gesellschaft ist sowas von verblödet und wird weiter von Politikern und div. Interssensverbände besoffen gequatscht. Wozu sich also noch Gedanken um unsere Umwelt machen? …Macht der Mensch doch sowieso was er will…?! Und kostenlos Leben find ich total ok. Denn wer hat denn all die Technik ins Leben gerufen??? …das waren wir – wir die Menschen. Also gehört es auch uns, den Menschen …und warum soll er noch dafür etwas bezahlen, wenn es uns gehört??? Das ist jetzt die ganz große Frage…weil die oberen Zehntausend, die alles umsonst haben weiter so leben wollen wie sie jetzt leben – im absoluten Überfluss. Jedoch am Ende werden wir alle nackig dastehen, denn gehen wir alle den selben Weg, ganz gleich was wir im einzelnen zwischendurch gemacht, geschafft und nicht geschafft haben. Da hilft weder ein Verbot noch eine Klage. Wir Menschen sollten uns weniger aufspielen im Universum. Was macht uns sooo wichtig, das wir es wagen unseren Planeten innerhalb kürzester Zeit in einen Schweizer Käse verwandeln…

    Regierungen, Stadtrat, EU, Wirtschaftsunternehmen und wie sie alle heißen…Sie merken gar nicht wie sich Ihre eigene Dummheit immer mehr ausbreitet. Der Mensch verblödet und vergisst vor lauter unsinniger Beschäftigungen die eigentliche Aufgabe…einfach zu Leben. Und was haben wir daraus gelernt? …das wir nichts gelernt haben……

  10. @ziergras: Auf jeden Fall bleibt zunächst mal unklar, was wir aus Deinem Kommentar lernen könnten. Was hat dieser pauschale Rundumschlag mit dem Thema zu tun? Ja, kostenloses Leben wäre schön, aber was kostenloses WLAN für einen Sinn haben könnte, bleibt trotzdem fraglich. Genau so unklar wie die Frage, was das kosten würde – es wäre ja gerade nicht kostenlos für uns alle. Die von Dir erwähnten „oberen Zehntausend“ werden die Kosten wohl kaum übernehmen.

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