Islay, Tag 5-7
Am Mittwoch stand die Besichtigung von Kilchoman auf dem Programm. Kilchoman (Aussprache Kilhomen – das „c“ wird nicht mit gesprochen) ist die kleinste Destillerie Islays. Letztlich ist es nur eine Farm, in deren Mitte ein etwas größerer Bau steht, der fast alles enthält, was für die Whisky-Produktion notwendig ist. Ringsherum sind Pferdekoppeln und Ställe – man würde hier also nicht unbedingt eine Destillerie vermuten.
Deshalb wird hier logischerweise auch weniger produziert als in den anderen Destillerien Islays. Und deshalb ist Kilchoman auch der einzige Whiskyproduzent, der sämtliche verarbeitete Gerste von hier bezieht. Es gibt nur zwei Brennblasen, für jeden der beiden Destillationsvorgänge eine.
Hier ist alles direkt nebeneinander untergebracht, die Maisch- und Gärbottiche sind in direkter Nähe der Brennblasen. In anderen Destillerien durchläuft man für die Besichtigung schon einmal mehrere Häuser, hier hat man deutlich kürzere Wege. In anderen Destillerien betonte man, wie wichtig es sei, dass die Gärung in Holzbottichen erfolgt, weil sich darin alte, den Geschmack beeinflussende Bakterienkulturen festgesetzt hätten. Hier wurde uns erklärt, dass Metallbehälter besser seien, weil sie sich besser reinigen ließen. Diese Pro- und Kontra-Argumentation für Holz oder Metall ist letztlich dieselbe, welche man sich auch von Weinproduzenten anhören kann. Es scheint beides zu funktionieren.
Hier sieht man einmal im leeren Maischbehälter das feine Gitter, durch das man im Boden die gewonnene Flüssigkeit von dem Malz trennt:
Der Rohbrand nach dem ersten Destillationsvorgang
Da Kilchoman erst 2005 gegründet wurde, ist es mathematisch gesehen nicht möglich, dass es heute schon 10, 12, oder gar 25jährigen Whisky dieses Produzenten zu kaufen gibt (bei entsprechenden Angeboten sollte man skeptisch sein!). Kilchoman kann deshalb nur recht jungen Whisky anbieten, der uns bei der Verkostung allerdings zeigte: Hier steckt ein großes Potential! Warten wir mal noch einige Jahre ab … allerdings kann ich ihn bereits jetzt empfehlen, zum Beispiel den 5jährigen „Vintage 2006“.
Ursprünglich hatten wir für diesen Tag noch eine Besichtigung in Bruichladdich gebucht, allerdings waren wir inzwischen bereits dort und hatten viele Details der Einrichtung schon gesehen. Wir ließen diesen zweiten Besuch daher ausfallen und besuchten stattdessen den Strand der nahe Kilchoman gelegenenen Machir Bay. Wie man auf dem Bild sieht, hatten wir an diesem Tag sogar etwas schottland-typischeres Wetter, denn es war bewölkt.
Südlich von Kilchoman, oder besser gesagt im Nordwesten Islays erstreckt sich die Halbinsel „Rinns of Islay“. An deren Ende liegt der verschlafen wirkende Ort Portnahaven. Die Straße hierher hat man nur einspurig ausgebaut, weil hier ja keine Destillerie mehr liegt. Das ist laut Reiseführer wirklich der Grund.
Hier sahen wir auch noch einmal Robben. Ansonsten gibt es von hier nicht viel zu berichten. Ich bezweifle ohnehin, dass sich Google-News beim Suchbegriff „Portnahaven“ allzusehr überschlagen.
Das Festivalprogramm fand heute in Bowmore statt (wo wir auch schon waren) und in in Bridgend, einem Ort in der Nähe Bowmores. Dort befindet sich die Bierbrauerei, welche die bereits erwähnten interessanten Biere Islays herstellt. Also nix wie hin!
Das Ziel erwies sich – ähnlich Kilchoman – als eine Art Gehöft, wo verschiedene Leute Kleinunternehmen betrieben. Eins davon ist die Brauerei. Das hatte schon fast den Charakter einer Kommune. Ein angenehmer Ort! Die Brauereibesichtigung habe ich aber nicht mitgemacht. Anschließend fuhren wir noch einmal in Bowmore vorbei (wir mussten ohnehin dort durch). Mittlerweise hatte es zu regnen begonnen. In Bowmore war – möglicherweise auch deshalb – nicht viel los. Etwas enttäuschend fand ich, dass man in Bowmore nicht einmal ein paar kostenlose drams ausschenkte! Und das, obwohl ich mein Whisky-Glas bei mir trug. Das tut mir leid, aber: Punktabzug!
Für den Abend hatten wir ursprünglich einen Besuch der im Norden gelegenen Bucht Loch Gruinart vorgesehen, wo es eine kleine Naturschutz-Station gibt, die geführte Touren anbietet. Wir hätten dort – mit etwas Glück – den (in unserer Heimatstadt traurig berühmten) Wachtelkönig hören können. Vielleicht sogar sehen, aber das erwartete ich nicht. Das wäre sicher interessant gewesen, allerdings wurde das Wetter dann nicht besser und wir ließen es ausfallen.
Donnerstag
Bis auf Bunnahabhain und Caol Ila haben wir nun alle im Betrieb befindlichen Destillerien besucht. In Bunnahabhain ist morgen Festival-Tag, da können wir auch gleich noch Caol Ila mit besuchen. Denn morgen ist ohnehin Abreisetag und die Fähre legt unweit von Caol Ila ab. Für heute hatten wir nichts weiter vor, abgesehen von einer Wanderung auf die im Südwesten gelegene Halbinsel Oa (die nur „O“ ausgesprochen wird). „Wanderung“ ist eigentlich übertrieben – das sind bestenfalls drei Kilometer. Aber auf Islay scheint es ohnehin nur wenige Möglichkeiten zum Wandern zu geben, und da nimmt man auch die kürzeren Wege mit. Der hier gelegene american monument trail führt (man ahnt es sicher schon) zu einem Monument, welches im Andenken an zwei gesunkene Schiffe am Mull of Oa errichtet wurde: „The American Monument was erected on the south coast by the American Red Cross to commemorate the loss of two ships in 1918, SS Tuscania, a passenger liner and HMS Otranto.“ (Wikipedia)
Wenn man Glück hat, kann man hier Steinadler und Alpenkrähen sehen oder Wachtelkönig hören. Das war uns nicht vergönnt – bei dem Nebel auch kein Wunder. Wir fanden nur solche Tiere:
Mull of Oa:
Als wir Oa verlassen hatten, verzog sich der Nebel übrigens und das Wetter wurde wieder sonnig. Ein guter Fotograf wäre nun freilich noch einmal zurück gefahren, um die bereits fotografierten Motive bei besserem Licht neu aufzunehmen …
Freitag
Die Abreise steht bevor. Unsere Fähre wird 18 Uhr starten, wir übernachten in Glasgow und fliegen morgen nach Hause. Wir besuchten noch Bunnahabhain und Caol Ila. Wie das nun wirklich ausgesprochen wird, weiß ich nicht, denn in keiner der beiden Destillerien nahmen wir an Führungen teil. Das ist ja immer die beste Methode, die Original-Aussprache kennen zu lernen. Bunnahabhain liegt zwar in einer sehr schönen Meeresbucht, allerdings besteht die Brennerei selbst nur aus weniger ansehnlichen Zweckbauten.
Die Brennblasen:
In Bunnahabhain fand ich die Methode sehr akzeptabel, mit der kostenlos Whisky getrunken werden konnte: Pro Besucher gab es zwei (die Kontrolle erfolgte mittels Stempel auf der Hand). Im anschließend besuchten Caol Ila schenkte man ebenfalls etwas aus, leider habe ich mir die Sorte nicht notiert. Es war irgendetwas besonderes. Die Anlage in Caol Ila wirkt im Vergleich zu den anderen Destillerien ebenfalls etwas nüchtern:
Ja, das war unser Besuch auf Islay. Unsere Fähre liegt schon bereit. Im Hintergrund sieht man die markanten Berge auf der gegenüberliegenden Insel Jura, die Paps of Jura.
Bald saß ich auf dem Deck und ließ mir – wie schon auf der Herfahrt – die untergehende Abendsonne ins Gesicht scheinen. Ein letzter Eindruck von Islay – das Kap im Südosten Ardmore Point:
Zum Abschluss noch ein 30-Sekunden-Video von der Überfahrt:
Falls man beim Lesen dieses letzten etwas knappen Islay-Artikels den Eindruck bekommt, der Autor wollte hier langsam mal mit dem Thema fertig werden: Da ist was dran!
Ein wirklich gelungener kurzweiliger Reisebericht vom Feis Ile Festival. Das weckt Erinnerungen. Wir waren im letzten Jahr auf Islay zum Festival und das Wetter war zum verzweifeln – Sturm und Regen. Doch unsere damaligen Eindrücke wurden hier bestätigt: Bruichladdich zeigte sich sehr offen und veranstaltet einen interessanten Destillerie-Tag mit Besichtigung, Verkostung und umfangreichen Programm, Laphroaig war ausgesprochen freigiebig, nach drei Tagen trifft man häufig bekannte Gesichter, die ansässige Bevölkerung ist kaum zu verstehen usw. Zum Schluss noch die Anmerkung, dass Jura auch eine Insel ist (mit der gleichnamigen Destillerie).
Tatsache – wie kam ich denn auf „Halbinsel“? Danke für den Hinweis, ich habe es korrigiert.
Schöner Artikel, ich war zur selben Zeit dort und hatte wirklich Freude am Lesen. Da lief der ganze Trip nochmal vor meinem inneren Auge ab. Toll waren auch die Abende im Lochside Hotel, wo Skerryvore (siehe Dein kurzes Video) an zwei aufeinander folgenden Tagen nochmals spielten. Genial. Ich will zurück!!!
Sind ja nur noch ein paar Monate … 🙂
Sehr netter, unterhaltsamer Bericht und (mach dich nich so runter;-) wirklich gute Fotos, die nicht nur mit dem guten Wetter zu tun haben!
Ein Whiskyfreund