| | | |

Leistungsschutzrecht: Darf man als Blogger jetzt eigentlich noch verlinken und zitieren?

(Nachtrag Juli 2012: Ja, wir Blogger dürfen das noch tun)

——————————-

Momentan gibt es viel Wirbel um das von unserer kompetenten Bundesregierung beschlossene Leistungsschutzrecht. Wer noch nichts von absurden Idee gehört hat: Unter anderem Google soll künftig dafür zahlen, dass es (kosten- und werbefrei) auf Artikel in Presseerzeugnissen hinweist. Das haben inzwischen Andere schon ganz gut beschrieben, z. B. Stefan Niggemeier in „Hurra: Urheberrecht im Internet verbessert!“, Wolfgang Tischer in „Warum beschweren sich deutsche Verleger nicht schon längst über Facebook?“, weshalb ich das hier nicht noch einmal wiederholen muss. Nur mal zwei Zitate:

„Google und womöglich auch die Perlentaucher und turi2s dieses Landes sollen den Verlagen also Geld dafür geben, dass sie helfen, dass deren Inhalte ein Publikum finden. Das ist etwa, als müssten die Gelben Seiten den Unternehmen dafür zahlen, dass sie ihre Informationen aufnehmen dürfen. Als müsste der Busfahrer dem Kirmesbetreiber Geld dafür geben, dass er die Kunden zu ihm bringt. Dem Vorhaben fehlt jede innere Logik.“ (Niggemeier)

„Daher ist es umso erstaunlicher, dass sich die deutschen Zeitungsverleger nicht schon längst und lautstark über Facebook beschweren. Denn anders als Google platziert Facebook sehr wohl eigene Werbung auf den Fanpages der Zeitungsverlage. Und dennoch gibt es fast kein Online-Medium, dass keine eigene Fanseite betreibt und das nicht die Like-Buttons und Social-Media-Plugins des US-Anbieters auf den Seiten hat. Die Verlage reißen sich förmlich darum, Facebook neue Kunden in die Arme zu treiben. “Diskutieren Sie mit uns auf Facebook”, ist einer der oft gehörten Animationssprüche.“ (Tischer)

Was mich jetzt beschäftigt: Inwiefern ist man als Blogger davon betroffen? Der veröffentlichte Beschluss enthält diese Aussage:

„Deshalb sollen Hersteller von Presseerzeugnissen ein eigenes Leistungsschutzrecht für die redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge oder kleiner Teile hiervon erhalten. Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen.“

In dem Artikel „Sind wir nicht alle bisschen „Hersteller von Presseerzeugnissen“?“ (Der Freitag) schrieb der Autor:

„Ich finde sehr spannend, dass im ersten Satz von „Herstellern von Presseerzeugnissen“ die Rede ist, welche sich im zweiten Satz plötzlich in „Verlage“ verwandeln. Darüber, was genau ein „Presseerzeugniss“ heute ist und künftig sein wird, lässt sich bestimmt vortrefflich streiten. Wohl kaum aber über den Fakt, dass Blogs – insbesondere, wenn sie von mehreren Autoren zu einem bestimmten Thema betrieben werden – eindeutig dazuzuzählen sind.“

Ich bin hier zwar nur ein Autor und habe nicht nur ein Thema, aber ich bin mir momentan absolut unsicher, ob mich das auch irgendwie betrifft. Sollte ich vorsichtshalber an die soeben zitierten Autoren vielleicht etwas überweisen? Aber im Ernst – in dem Beschluss kann zwar weiterhin lesen:

„Die private Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet wird nicht vergütungspflichtig, normale User werden also nicht betroffen sein.“

Klingt nicht schlecht, aber was bedeutet denn „privat“? Seitdem ich eines Tages entdeckte, dass man als Betreiber eines vermeintlich privaten Blogs juristisch betrachtet keineswegs so privat ist, wie man sich das denkt (Thema „Impressumspflicht“), bin ich hier vorsichtig geworden.

Falls jemand dazu eine klare Aussage kennt, würde mich das interessieren.

——————–
Diesen Artikel kommentieren auf Google+ oder Facebook

12 Comments

  1. Privat definiert sich wohl in erster Linie daüber in wie weit du mit deiner Bloggerei Kohle scheffelst. Sprich, wenn du mit deinem Blog nachweislich, durch Werbung z.B. mit Google Adsens oder ähnlichem, oder auch weil du im Auftrag deines Arbeitgebers bloggst Geld mit dem Blog verdienst wird es irgendwann wohl so sein, dass sie dir deinen „Privaten“ Status strittig machen werden und den Geldbeutel zum hineinwerfen deiner Millionen weit aufreißen werden.
    Im Moment bedeutet das wohl finanziell erstmal nichts für dich denke ich. Indirekt natürlich schon, denn viele deiner Quellen werden versiegen, da sie plötzlich Geld zahlen sollen dafür dass sie Informationen aus dem Netz in das Netz verbreiten. Ich rede mal expliziet jetzt nicht von Google-news als Beispiel, aber z.B. von Blogs wie Spreeblick und dergleichen. Die wird das ziemlich sicher treffen und eben dann auch alle weiteren die auf freien Zugang zu Informationen stehen im Netz.
    Zumal es so ist, dass jeder Verlag, der nicht möchte das seine wertvollen Artikel für umsonst im Netz gelesen und auch noch verteilt werden dem heute bereits einen Finanz-riegel vorschieben kann und sein Angebot eben kostenpflichtig machen kann. Darüber hinaus kann er vielleicht schon mit einem noindex und nofollow die bösen Google und co ganz leicht ausschließen und muss nicht fürchten, dass die bösen Umsonstleser sich alle bei google-news völlig kostenlos auf ihren Artikel verlinken lassen.

  2. Privat definiert sich wohl in erster Linie daüber in wie weit du mit deiner Bloggerei Kohle scheffelst…

    Nein, genau das dachte ich früher auch, aber das ist nicht der Fall. Richtig ist: Privat wäre ein Blog, wenn er nur wenigen Personen zugänglich wäre (also nur denen, die die Links zu den Artikeln von mir haben, oder die ein Passwort zum Lesen haben). Eine Seite, die aber von Suchmaschinen erfasst wird, gilt nicht als privat – egal ob sie von einer Privatperson betrieben wird oder nicht. Jede Seite, die einigermaßen regelmäßig betrieben wird und Inhalte bereitstellt, die in vergleichbarer Art auch bei gewerblichen Anbietern (z.B. Zeitungen) erhältlich sind, wird juristisch ggf. mit solchen gleichgestellt.
    Siehe dazu auch:

    http://www.lawblog.de/index.php/archives/2005/09/30/private-blogs-impressumspflicht/

    http://www.linksandlaw.info/Impressumspflicht-Notwendige-Angaben.html

    In letzterem Text findet sich die Aussage:

    “Die Formulierung “Dienste bereitstellen, die sonst nur gegen Entgelt verfügbar sind” zeigt, dass es nicht darauf ankommt, ob ein Websitebetreiber mit seinem Angebot wirklich wirtschaftliche Zwecke verfolgt, sondern nur darauf, dass typischerweise mit solchen Angeboten ein Entgelt erstrebt wird. Ein Anbieter, der aus idealistischen Gründen kostenlos Dienste anbietet, die in der Regel nur entgeltlich erfolgen, fällt unter § 5 TMG. Dies kann in Einzelfällen zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen.”

    Wie schon erwähnt – dort geht es eigentlich um die Impressumspflicht. Aber ich habe hier ein paar Verbindungen gesehen.

  3. Vielleicht noch als Nachtrag: Mich interessiert momentan weniger, was sich der Axel-Springer-Verlag dabei gedacht und wie das die Bundesregierung gemeint hat, sondern ob ich mir jetzt Gedanken wegen phantasiebegabten Abmahnanwälten machen muss?

  4. Ich kann dir nicht sagen, was „phantasiebegabte Abmahnanwälte“ so alles wollen könnten, Frank, doch ich sag’s mal so: einfach Bälle flach halten 😉

    Ich hatte einmal einen Fall zwecks Impressum … gelöst habe ich das so hier

    Falls wieder mal einer kommt, auf meinen Blog oder sonst wohin .. fällt mir auch etwas ein. Und dir sicher auch 🙂

    Zum Thema bzw. zu dieser Abgabe … sinnloser geht’s nicht. Im Radio hörte ich gestern eine Zahl, die ich selbst gar nicht so hoch eingeschätzt hatte: zwischen der Hälfte und ZweiDrittel aller Seitenbesuche der Online-Ausgaben der Zeitungen erfolgen über Suchmaschinen, sprich zu 90% vermutlich über Google.
    Wenn ich Google wäre, würde ich nun – in Deutschland – zum „Gegenangriff“ übergehen … jeder Artikel, der von einer Zeitung kommt, die von dieser Abgabe profitiert, sollte bezahlt werden, damit er durch die Suchmaschine auch gefunden wird, sprich ich würde Blockmechanismen einbauen. Letztlich dürfte es dann auf ein Nullsummenspiel rauslaufen … naja, wenigstens hat „die Politik“ gehandelt 🙂

    Dennoch … es könnte sein, dass da noch ein anderer Zweck dahinter steckt … denn sonst würde ich behaupten, dass die Verlage und die Bundesregierung keine Ahnung von Wirtschaft haben. Für die Verlage ist’s ein Eigentor – nein, mindestens zwei Egentore ;), für die Bundesregierung ein geistiges Armutszeugnis.

    Hmm, hat noch jemand einen tieferen Sinn hinter dieser Sache erkennen können?
    Glauben Verlage vielleicht, dadurch, langfristig ihren Bezahlsektor ausbauen zu können?? … was ja bisher nicht funktioniert hat, nicht mal beim SPIEGEL.

  5. Das Thema „Leistungsschutzrecht“ aus Sicht von Springer-Chef Dr. Mathias Döpfner (MD) … gefunden bei Stefan(olix), Link zu Audio- und Transkript


    FR: Eines der Dinge, die da gerade in der Debatte sind, ist das sogenannte Leistungsschutzrecht, das ja auch von Ihrem Hause relativ stark angetrieben wurde. Weil Sie gerade Blogger sagten, die große Befürchtung, die ja da besteht, ist daß damit quasi ein Großteil der Blogosphäre, die sich mit der deutschen Presselandschaft beschäftigt, austrocknet, weil sie einfach nicht mehr in der Lage, ohne Lizenzzahlungen zu zitieren oder zu kommentieren.

    (Minute 00h25 bis 00h30)

    MD: Moment! Also das sehe ich nun gerade völlig anders. Ich glaube, daß das Leistungsschutzrecht, so wie wir es propagiert haben, und so wie es jetzt nach meiner Kenntnis auch in dem Gesetzentwurf definiert ist, sehr wohl auch für Blogger hochattraktiv ist und Bloggern eine sichere Einkommensbasis sichert. Wenn sie Blogger sehen als primär Menschen, die Originärinhalte kreieren, die kluge Gedanken, kluge Beobachtungen, kluge Recherchen betreiben und veröffentlichen, dann werden sie bei einer gewerblichen Verwendung ihrer Inhalte – und nur darüber reden wir im Leistungsschutzrecht – private Nutzer, die etwas kopieren, sind davon ja gar nicht betroffen … aber gewerbliche Nutzer, die das dann verwenden, was ein Blogger schreibt, nehmen wir mal ein Blog über Finanzprodukte, oder ein Blog über Fußball, das wird natürlich von Industrieplayern genutzt, einfach mal kopiert und kostenlos weiterverteilt oder sogar teilweise vermarktet.

  6. Die Probleme hierbei:

    1. Wie Döpfner die Dinge sieht (und sei es noch so optimistisch) ist für die anschließende Rechtssprechung nicht relevant. Wichtig ist einzig und allein die Formulierung der Gesetze. Und da sieht es unklar bis schlecht aus. Wo hatte ich das heute gelesen … ach hier: „Gerade für Blogger besteht aus der Sicht des Leistungsschutzrechts-Gegners noch eine große Rechtsunsicherheit. Das sieht selbst Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger ein: ‚Die Abgrenzung, wer erfasst werden soll, ist nicht leicht. Es ist eine Grundsatzentscheidung getroffen worden, dass ganz klar Privatnutzer nicht davon betroffen sind (…)'“ (Quelle) (Nachtrag 2014: Quelle nicht mehr online)

    Das Problem liegt im Wörtchen „Privatnutzer“. Wie wird das definiert und abgegrenzt?

    2. Ich und viele andere (wahrscheinlich sogar die meisten) Blogger haben mit ihren Blogs gar keine Einkommensbasis und hatten dies auch nie vor (ich z.B., Du sicher auch). Herr Döpfner ist ja der Meinung, dass wir Blogger nun tolle Chancen haben, weil bei einer gewerblichen Nutzung unserer toll recherchierten Texte etwas für uns herausspringt. Ja toll – aber: Wie oft passiert das? Diese Fälle kann sich der Durchschnittsblogger an einer Hand abzählen. Wahrscheinlich wird kein einziger Finger gebraucht. Außerdem: Soll ich nun jeden Tag das Netz durchforsten, ob irgendwo Auszüge aus einem meiner Texte aufgetaucht sind? Bei dem Aufwand käme ja keiner von uns jemals noch dazu, einen weiteren Artikel zu schreiben. Völlig weltfremd, was Döpfner da von sich gibt. Ist zumindest meine Meinung.

  7. Privatnutzer sind m.E. welche, die kein Geld mit ihrem Blog verdienen, also auch keine Werbung schalten, es sei denn es wird vom Blogbetreiber so „per default“ auf die Seite gebracht, z.B. als Kompensation für die Bereitsstellung eines kostenfreien Blogs.

    Ansonsten kann man das Internet durchaus durchforsten (lassen), wozu gibt’s Abmahnanwälte? 😉

    Mein Ding wär’s nicht, ich bin da eher auf Selbstregulierung mittels Creative-Commons Ideen aus. Sprich, was ich blogge kann gern kopiert werden, doch es sollte kein Geld damit verdient werden. Eine Namens- bzw. Quellenangabe wäre natürlich nett, doch ich kann es auch nicht verhindern, dass es andere als ihre eigenen Gedanken „verkaufen“ wollen. C’est la vie.
    Sollte ich dabei jemanden „erwischen“, dann würde ich trotzdem keinen Anwalt einschalten, sondern versuchen einen Deal zu finden, der beiden etwas nützt. Wenn’s da kein Vorwärtskommen gibt, dann blogge ich eben mehrmals über den Blogger, der etwas von mir für nichtkommerzielle Nutzung Gedachtes, kommerziell nutzt. Doch darüber kann ich mir Gedanken machen, wenn es mal so weit sein sollte 😉

    So ganz kann man das alles ja eh nie voneinander trennen, doch ein perfektes System gibt es eben nicht.
    Alles in allem sehe ich keine Gefahr … schlimmstenfalls würde ich eben nur noch schreiben, ohne fremde Bilder, und bei Bezügen auf externe Quellen würde ein „Kürzlich las ich irgendwo im Internet davon, dass …“ usw. Abhilfe leisten.
    Mir soll’s doch gleich sein … der Medienbranche wird das Leistungsschutzrecht nicht viel nützen, ganz im Gegenteil. Sie schaufeln sich die eigene Grabgrube damit nur noch ein Stückchen tiefer.

  8. Privatnutzer sind m.E. welche, die kein Geld mit ihrem Blog verdienen, also auch keine Werbung schalten

    Ein verbreiteter Irrtum! Privat wäre ein Blog im rechtlichen Sinn, wenn er nur einem beschränkten Leserkreis zugänglich wäre. Jeder, der sich aber an die Öffentlichkeit wendet (und seine Internetseite dafür auch noch durch Suchmaschinen indizieren lässt) betreibt das aus rechtlicher Sicht nicht privat. Aus dieser Sichtweise dient zur Beurteilung auch, ob der Blog (die Seite) halbwegs regelmäßig mit neuen Inhalten befüllt wird und ob es Inhalte sind, die in vergleichbarer Form auch in Online-Zeitungen u.ä. erscheinen (könnten). Es ist völlig egal, ob das dann nur einer (als Privatperson) betreibt und ob er Geld damit einnehmen will. Beschäftige Dich mal mit dem Thema „Impressumspflicht für Blogs“.

    Und die Abmahnanwälte sind an der Stelle dann genau wieder das Thema. Da ich schon in zwei Fällen solche Post bekam, wird man irgendwann übervorsichtig.

    Ansonsten sehe ich das ähnlich wie Du – wenn jemand etwas von mir übernimmt, kann er das tun, aber es wäre nett, wenn er mich als Quelle angibt.

  9. Meinst du Anwälte wie Herrn Rolf B. Arnade, Frank ? 😉

    Auf mich wurde er vermutlich aufmerksam, weil er in der CDU ist und ich – damals als OB-Kandidat – ein offensichtlich ernst zunehmender Konkurrent für Frau Orosz war 😉 … dass Arnade in der CDU ist, habe ich soeben erst rausbekommen, weil er sich vor zwei Jahren offenbar auch mal auf einen CDU-Posten beworben hatte … ich war offenbar sein Vorbild 😉 … auch im Erfolglossein 🙂

Comments are closed.