Sächsische Verhältnisse: Erneut Tausende Demonstranten ausgespäht!
Solche Schlagzeilen sah ich bereits vor mir, als ich dieses Video sah:
In dem Film kann man die Gesichter sehr vieler Beteiligter der gestrigen Anti-Nazi-Demo gut erkennen. Ich kann mich noch an die Diskussion aus dem letzten Jahr erinnern, als die Sache mit der Drohne bekannt wurde (1, 2), die immerhin auch mit zwei Kameras bestückt war und so möglicherweise sogar Gesichter der Demonstranten erfassen konnte. Unglaublich! Ein Skandal! Sächsische, also geradezu Orwellsche Verhältnisse!
Und jetzt das! Aber Moment …
… das Video stammt gar nicht von der Polizei! Ich finde es interessant, dass seltsamerweise keiner ein Problem sieht, wenn solches Überwachungsmaterial von Demonstranten selbst bereit gestellt wird. Denn dieses Video ist von einem Dresdner, welcher auf G+ dazu schrieb, er hätte „nur mal die Videofähigkeit seiner Canon 600D testen“ wollen. Die erste Reaktion auf Youtube dazu fiel durchaus positiv aus – keine Spur von Kritik. Und man kann schon sagen: Nicht schlecht, was 720p-Material so hergibt! Man sieht im Video auch ständig andere Demonstranten, die fleißig fotografieren und filmen. Landet das auch alles im Netz? Ein ausreichender Teil schon (hier stellvertretend nur ein Beispiel (1). Da kann sich die Polizei die teure Drohne auch sparen. Die fotografiert immerhin nur von oben – hier hat man viel bessere frontale Aufnahmen, die für eine Gesichtserkennung wesentlich besser geeignet sind. Es ist ja nicht unbekannt, dass man sich Youtube-Videos auch in voller Qualität wieder downloaden kann. Falls die Verfassungsschützer wirklich herausfinden wollen, wer z.B. alles bei der DKP mit marschierte oder wer das „Extrem_ist_in“-Plakat hielt …
Ich will hier weder das Video, noch die Fotos kritisieren. Ich hätte kein Problem damit, auf einer antifaschistischen Demonstration ausgemacht zu werden. Ich will auch die etwas übertriebene Handyverbindungsdaten-Erfassung vom letzten Jahr nicht klein reden. Aber ich kann mir sehr gut den medialen Aufschrei vorstellen, wenn dasselbe Video von einem Polizeibeamten oder Verfassungsschützer gemacht worden und nun ins Netz gelangt wäre …
Danke für das Lob der Qualität;)
Glücklicherweise sollen und müssen die Demonstranten (aus meiner Sicht) nicht anonym bleiben. Andernfalls wäre es schlimm.
So kann man die Videos einfach als Zeitdokument sehen; nur eben, ganz modern, jederzeit auffindbar und zugänglich für jedermann.
Freilich kann man das als Zeitdokument betrachten (und das ist es ja auch). Aber wie gesagt: Wenn ein und dasselbe Video von der Polizei käme …
Vor allem kann ich mir lebhaft die spöttischen Kommentare vorstellen, falls die Polizei dann behauptet, das sei ja auch so eine Art Zeitdokument 😉
Ja.
Ich finde aber den kleinen Unterschied fein, dass dieses Video frei für die gesamte Gesellschaft verfügbar ist.
Die Aufnahmen die Staatsschutz, Fernsehen, Nazis und Andere gemacht haben sind das ja leider nicht.
Es macht einen Unterschied ob ich mich freiwillig einer Videoaufnahme aussetze oder ob ich zwangsweise einer staatlichen Videoaufnahme ausgeliefert bin, die dann von Beamten nach polizeitaktischen Vorgaben ausgewertet wird.