Kostenexplosion am „Trichter“?
Ich hatte es in einem der letzten Texte schon erwähnt: Die Zeitschrift „Dresdner Morgenpost“ titelte vor einigen Tagen in ihrer gewohnt anti-feingeistigen Art, ein Dresdner Politiker hätte von Franka Hörnschemeyer gefordert „Rücken Sie die Kohle raus!„. Sie hat für ihren „Trichter“ einen mit 50 000 Euro dotierten Preis erhalten – andererseits sind durch die konkrete Umsetzung ihres Werkes aber Mehrkosten entstanden. Ich kaufte deshalb ausnahmsweise einmal diese Zeitung, weil ich wissen wollte, wer das konkret gesagt hatte und was sonst noch darin stand.
Wie bereits erwähnt, ist der betreffende Politiker Sebastian Kieslich (CDU-Stadtrat). Aus der MoPo ging nicht so klar hervor, ob er diese drastische Forderung wirklich gegenüber Frau Hörnschemeyer formuliert hatte. Deshalb schrieb ich ihn einfach an, allerdings nicht nur per Mail, sondern über Abgeordneten-Watch. Erstens, weil ich mir durch diese öffentliche Plattform einen gewissen Druck zum Antworten erhoffte und zweitens, weil kürzlich bemängelt wurde, dass diese Plattform in Dresden bisher kaum genutzt würde. Herr Kieslich antwortete mir auch. Dummerweise geriet meine Antwort darauf etwas zu lang, weshalb sie nicht mehr dort erscheint. Das ist jetzt nicht als Kritik an abgeordnetenwatch.de gemeint – wenn dort nur max. 2000 Zeichen erlaubt und Teilung von Texten in mehrere Abschnitte nicht erlaubt sind, dann sind das klare Vorgaben, die auch für mich gelten. Vielleicht lässt es sich aber hier noch klären? Unsere bisherige Korrespondenz:
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Ich, 11.12.2011:
Sehr geehrter Herr Kieslich,
die Dresdner Korgenpost vom 8.12.2011 zitiert Sie auf Ihrer Titelseite mit „Erster Politiker fordert von Künstlerin: ‘Rücken Sie die Kohle raus!’“, weil die Künstlerin Franka Hörnschemeyer einen Preis von 50.000 € für den „Trichter“ erhalten hat.
Haben Sie das wörtlich so geäußert?
(mfg ..)
S.K. 13.12.2011:
Sehr geehrter Herr Nagel,
recht herzlichen Dank für Ihre Frage. Das gibt noch mal die Gelegenheit auf meine Sicht zum „Trichter“ am Seetor einzugehen.
Nach den heftigen öffentlichen Diskussionen zur Entscheidung, dass Kunstwerk errichten zu lassen, muss nun festgestellt werden, dass sich die Kosten dafür stark erhöht haben. Pressemeldungen gehen bereits von mehr als 60 Prozent aus (zusätzlich wurde ein Architekt bestellt und der Bau war doch komplizierter als angenommen). Dazu wird die Stadtkasse jährlich mit 7.000 Euro belastet. Der Grund sind Reinigungsgebühren und der Betrieb der beiheizbaren Gleisscheibe, die ursprünglich im Entwurf von Frau Professor Hörnschemeyer nicht berücksichtigt wurde.
Gegenüber der Morgenpost Dresden habe ich mich daher so geäußert, dass sich Frau Professor Hörnschemeyer mit dem Preisgeld der „mfi management für immobilien AG“ i.H. von 50.000 Euro finanziell an den von ihr entstandenen Mehrkosten beteiligen sollte. Das könnte schließlich auch zur Befriedung des Streits führen. Beispielsweise könnte Frau Professor Hörnschemeyer das Geld der neu gegründeten Stiftung der Landeshauptstadt Dresden „Stiftung für Kunst und Bürger“ zur Verfügung stellen. Hier soll das Geld insbesondere jungen Künstlern aus Dresden zugute kommen und zeitgenössische Kunst in Dresden gefördert werden.
„Kunst im öffentlichen Raum“ sollte auch in Dresden von der Bevölkerung angenommen werden. Daher muss sie für die Menschen vermittelbar sein. An diesen Anspruch halte ich fest. Die Kostenexplosion gefährdet aber die Akzeptanz und könnte sich auch negativ auf künftige Kunstwerke im öffentlichen Raum auswirken.
Zur Titelseite der Dresdner Morgenpost vom 8.12.2011: Diese Worte sind nicht von mir gewählt.
Wenn Sie weitere Fragen haben, so stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
(mfg ..)
ich, 17.12.2011:
Sehr geehrter Herr Kieslich,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich finde, dass man Frau Hörnschemeyer diese erhöhten Kosten aber nicht vollständig anlasten kann. Meinem Informationsstand (1) zufolge war ihr zwar das Detail mit der falschen Glasscheibe bewusst (oder zumindest war sie für eine korrekte Umsetzung ihrer eigenen Idee verantwortlich), weshalb man ihr die dadurch entstandenen Mehrkosten für die Heizung zurechnen könnte. Aber andererseits sind diese anfallenden Kosten doch sicher längst in irgendeinem Budget mit eingeplant. Wenn der Preis nicht verliehen worden wäre, dann würden die Ausgaben ja trotzdem anfallen.
Sie schreiben: „Pressemeldungen gehen bereits von mehr als 60 Prozent (Mehrkosten) aus“. Welche Pressemeldungen sind das? Sind das Meldungen aus der – doch recht einseitigen – „Dresdner Morgenpost“? Müsste es nicht auch offiziell nachprüfbare Zahlen seitens der Stadt geben? Und wie viel davon musste tatsächlich von der Stadt bezahlt werden? Einem Artikel in „art-magazin“ (2) zufolge kam ohnehin schon „ein Großteil der Mittel direkt von dem Großinvestor ECE, dem Erbauer der nahegelegenen Einkaufsmeile ‚Altmarktgalerie‘“.Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man bei städtischen Bauprojekten so unrealistisch ist, immer nur fest von den ursprünglich angegebenen Kosten auszugehen und keinen zusätzlichen Puffer mit einzuplanen. Denn es ist ja eine alte Erfahrung, dass die meisten Vorhaben teurer werden als veranschlagt.
Die Stadtkasse wird nun jährlich mit 7.000 Euro belastet, was sich aus Reinigungsgebühren und der Gleisscheibe- Heizung zusammensetzt. Wie teilen sich die 7000 € hierbei auf?
Fr. Hörnschemeyers Kunst-Preis könnte in dem hierfür verwendeten Budget sicher gar nicht mit verbucht werden. Sie schlagen ja selbst vor, dass sie ihn besser der „Stiftung für Kunst und Bürger“ spenden soll. Aber was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Nur weil der Stiftung etwas zugutekommt, werden dadurch doch beim „Trichter“ keine Kosten beglichen. Das Ganze hätte dann eher einen symbolischen Charakter.
Reinigungsgebühren kann man Fr. Hörnschemeyer meiner Meinung nach nicht anlasten. Immerhin hat die Stadt den künstlerischen Wettbewerb selbst ausgelobt. Dass der Siegerentwurf Reinigungskosten nach sich ziehen würde, hätte den Juroren klar sein müssen. Wenn das nicht bedacht wurde, ist das deren Schuld. Wäre denjenigen die notwendige Vermeidung von Folgekosten bewusst gewesen, hätten sie eben einen anderen Entwurf auswählen müssen. Genauso kann man der Künstlerin keine Kosten vorwerfen, die durch notwendige Erklärungsmaßnahmen wie Tafeln oder den aktuell veröffentlichten Dokumentarfilm (3) entstehen. Man kann nicht erst einen zu bauenden Siegerentwurf auswählen und anschließend dem Künstler in Rechnung stellen, dass keiner sein Werk versteht. Das wäre dann ebenfalls Aufgabe der Juroren oder der Stadt gewesen, solche Effekte mit zu bedenken und auszugleichen.
Sie schreiben, „die Kostenexplosion gefährdet aber die Akzeptanz und könnte sich auch negativ auf künftige Kunstwerke im öffentlichen Raum auswirken“. Ich finde aber, dass der Bevölkerung speziell von der „Dresdner Morgenpost“ eine solche Nicht-Akzeptanz regelrecht eingeredet wird*. Wäre es für die Akzeptanz künftige Kunstwerke im öffentlichen Raum nicht förderlicher,
a) Probleme bei aktuellen Werken klar zu benennen, um falsch ausufernden Überbewertungen keinen Raum zu geben und
b) zu versuchen, etwas Einfluss darauf zu nehmen, dass nicht ausgerechnet die niveaulosesten Zeitungen immer wieder Anti-Stimmung verbreiten können?
(* Die Kosten“explosion“ ist ja wie schon erwähnt bestenfalls teilweise die Schuld Frau Hörnschemeyers und wenn die „MoPo“ nicht immer vom „umstrittenen“ Kunstwerk schreiben würde, käme kein Mensch auf die Idee, dass der „Trichter“ tatsächlich so umstritten sei)
(mfg…)
(1) Ein Blogartikel von mir zu diesem Thema
(2) art – Das Kunstmagazin (Update: Nicht mehr online)
(3) dresden.de – Kunst im öffentlichen Raum