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Warum mir „Öko“ leicht auf die Nerven geht

Öko-Strom, Öko-Landwirtschaft, Öko-Produkte und neuerdings gibt es sogar schon Öko-Hochzeiten. Sobald man vor ein beliebiges Wort das Kürzel „Öko“ stellt, wird die betreffende Sache anscheinend geadelt und verkörpert das Gute. Alles andere scheint schlecht zu sein, denn Öko steht für … ja, wofür eigentlich? Irgendwie wohl für Nachhaltigkeit und für Naturschutz.

Allerdings ist das Unsinn. Und auch wenn man solchen Unsinn noch so oft nachplappert, wird er deshalb nicht wahrer. „Öko“ ist zunächst nur ein gut klingendes Label für bessere Vermarktung von Produkten und Maßnahmen. Interessanterweise wird „Öko“ auch gern wahllos ausgetauscht gegen „Bio“, obwohl das eigentlich ein ganz anderes Thema ist.

Der Unterschied zwischen Ökologie und Naturschutz

Was bedeutet Öko? Es ist die Abkürzung von Ökologie, der wissenschaftlichen Lehre vom Zusammenleben der Lebewesen. Ökologie ist damit aber noch lange kein Umwelt- oder gar Naturschutz. Wie jede andere Wissenschaft ermittelt auch die Ökologie in ihrem Bereich Fakten, wertet diese aus und versucht, Erkenntnisse zu bringen. Das ist ein neutraler Vorgang: Ökologie wertet nicht in „gut“ oder „schlecht“ – genauso wenig, wie andere wissenschaftlichen Lehren (Mathematik, Chemie, Biologie …) so etwas tun.

Selbstverständlich kann man aus Erkenntnissen der Ökologie anschließend Wertungen ziehen. Man kann aus ihnen schlussfolgern, dass bestimmte menschliche Verhaltensweisen besser oder schlechter sind für den Naturschutz, für Biotope oder für einzelne Tier- und Pflanzenarten. Das ist aber nicht unbedingt die Aufgabe eines Ökologen (auch wenn sich in der Realität ein Ökologe sicher auch für Naturschutz interessieren wird). Und es ist auf jeden Fall falsch, zu sagen, etwas für den Naturschutz Positives sei ökologisch bzw. dessen Gegenteil sei unökologisch. Immerhin kann man z.B. auch der Chemie ähnliche Erkenntnisse für Lebewesen und Natur entnehmen. Folgt man der Logik der „Öko“-Sprechweise, müsste man für die Natur positive Chemie-Erkenntnisse als „chemisch“ (oder wahrscheinlich cool klingender „chemo“) bezeichnen: Blumengießen mit Wasser ist voll chemo, Blumengießen mit Säure dagegen absolut unchemo!

Was wäre aber wirklich ökologisch? Übertrieben gesagt: Wenn Ökologen festgestellt haben, dass Menschen im Frühjahr mehr Erdkröten überfahren als im restlichen Jahr, ist es so gesehen durchaus eine ökologische Verhaltensweise, zum Erdkröten-Überfahren besser im Frühjahr als im Sommer aufzubrechen.

Ein realistischeres Beispiel: Ich halte zu Hause Molche in Aquaterrarien. Diese Tiere leben in der Natur im Frühjahr in Tümpeln, wo häufig auch Frösche und Kröten ihre Eier legen. In der Natur lässt sich beobachten, dass Molche gern Froscheier oder kleine Kaulquappen fressen. Diese Beobachtung entspricht einer ökologischen Erkenntnis. Ökologisch völlig korrekt wäre es also, zu Hause gehaltene Molche im Frühjahr auch gelegentlich mit Froschlaich und kleinen Kaulquappen zu füttern. Mit Naturschutz lässt sich das aber nicht vereinbaren – es wäre ein klarer Verstoß gegen geltende Naturschutzgesetze. Umweltschutz wiederum hat bei diesem Beispiel eigentlich gar keine Relevanz, denn Menschen in einer Umwelt sind hier praktisch nicht beteiligt (außer unserem theoretischen Kaulquappenfänger, der sich aber nur für die Futterbesorgung interessiert.

Damit ist das Thema schon abgeschlossen. Bei der Gelegenheit aber gleich noch:

Der Unterschied zwischen Umweltschutz und Naturschutz

Umweltschutz und Naturschutz sind nicht dasselbe, auch wenn diese Wörter gern synonym verwendet werden. Die „Umwelt“ ist die Welt um einen Menschen herum, mit ihm im Zentrum. Umweltschutz ist damit eine höchst egoistische Sache. Die Umwelt soll intakt sein, damit es uns in ihrer Mitte gut geht.

Naturschutz dagegen ist der Schutz der Natur an sich – egal, ob dann dort auch Menschen sind. Naturschutz kann auch bedeuten, dass eine Gegend (zumindest zeitweilig) für Menschen ganz gesperrt wird oder der Zutritt beschränkt wird. Für einen Naturschützer ist der Mensch nur ein gleichberechtigtes Lebewesen unter vielen anderen, steht zumindest aber nicht im Mittelpunkt.

Eine solche Unterscheidung mag haarspalterisch klingen. Es wäre auch vermessen, einem Menschen Egoismus zu unterstellen, nur weil dieser sich als Umweltschützer bezeichnet, ohne sich jemals Gedanken über solche Feinheiten der Wortwahl gemacht zu haben. Dieser Unterschied ist aber durchaus interessant, denn man kann damit unterschiedliche Projekte besser bewerten: Geht es den Aktivisten nur um sich oder um bessere Lebensbedingungen für uns (was freilich auch erlaubt ist) – dann betreiben sie Umweltschutz, was also immer mit einer Spur Egoismus verbunden ist. Die bessere und konsequentere Variante wäre Naturschutz. Ich gebe aber zu, dass man das nicht immer trennen kann, da sich Naturschutz erstaunlich oft mit menschlichen Bedürfnissen verbinden lässt – gerade im Bereich der Amphibien und Reptilien gibt es da viele Beispiele (eine Aufzählung würde hier allerdings zu weit führen).

Um noch einmal auf das Eingangsthema zurück zu kehren: Man sollte die Gentechnik einfach als „Öko-Gentechnik“ bezeichnen, dann wäre die Kritik daran bald vom Tisch. Das Prinzip ließe sich ausbauen …

2 Comments

  1. Die wirklich guten Produkte sind sowieso nicht allein bio- oder ökologisch, sondern noch dazu ethisch korrekt hergestellt. Das schließt zum Beispiel ein, keine ‚glücklichen‘ Kälber dennoch der Fleischgewinnung halber zu töten, dass keine Bio-Luxuswaren (allen voran exotische Früchte) quer über den Globus gekarrt werden, und dass alle an Warenketten Beteiligten ausreichend Vorteile davon haben.

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