Buchkritik: Marc Lindemann „Unter Beschuss“
Der ehemalige Nachrichtenoffizier Marc Lindemann beschreibt in seinem Buch „Unter Beschuss“, warum Deutschland aus seiner Sicht in Afghanistan scheitert. Ich habe lange nicht mehr ein so schlechtes Buch gelesen. Allerdings habe ich nicht bis zum Ende durchgehalten, denn einige Details waren doch interessant. Lindemann schreibt hauptsächlich darüber: Dass man ihn selbst von Anfang an einmal hätte fragen sollen. Denn er weiß grundsätzlich alles besser. Die anderen haben alle keine Ahnung – diese anderen sind je nach Bedarf die Bundesregierung, andere Offiziere, Hilfsorganisationen, diese Sesselpupser von der UNO oder auch die Russen. Beispiel gefällig? Lindemann beschreibt, wie er auf Patrouillenfahrt alte russische Panzer findet. Sofort ist ihm klar: Dieser Panzertyp in dieser Gegend – völlig ungeeignet! Und dann auch noch in dieser Formation – das konnte nur schief gehen! Solche Schilderungen sind bei ihm kein Einzelfall.
Das Buch hat den Untertitel „Warum Deutschland in Afghanistan scheitert“. Lindemann will eigentlich vermitteln: Weil die Bundeswehr zu wenig und zu billige Waffen und Ausrüstung hat und dringend mehr Geld zum Ausgleich braucht, weil unsere Soldaten noch nicht einmal richtig angreifen dürfen, weil dauernd irgendwelche Parlamentarier hineinreden, die sich lieber heraushalten sollten …
… allerdings beschreibt er – wohl unbeabsichtigt – dass der gesamte Einsatz tatsächlich aus viel grundlegenderen Dingen zum Scheitern verurteilt ist. Wieder ein Beispiel? Die Briten, erwähnt er, wollen sich allmählich aus Afghanistan zurückziehen und räumen dafür in den ersten Städten ihre Stützpunkte. Sobald sie aus der Stadt raus sind, sind die Taliban wieder drin. Ein schöner Erfolg, denkt man sich beim Lesen. Das rechtfertigt den jahrelangen Aufwand.
Ich hatte beim Lesen begonnen, Randnotizen auf die Seiten zu kritzeln. Eigentlich als Unsitte verpönt, aber es gibt einfach zu viele Stellen, bei denen Lindemann lapidar irgendwelche Dinge behauptet, ohne sie zu erklären, auf denen er dann aber weiter aufbaut. Oder wo er von anscheinend feststehenden Dingen ausgeht, die aber gar nicht so fest stehen. Mitten im Buch wurde es mir zu anstrengend, dauernd etwas notieren zu müssen, aber zum Schluss steht wieder aller paar Seiten etwas. Ein harmloses Beispiel: „Im Januar … bekam ich den Auftrag, einen Plan zur Truppenreduzierung während der Wintermonate zu bewerten, den das Einsatzführungskommando erdacht hatte. Der Vorschlag war an sich schon schwachsinnig“ (S. 44). Schwachsinnig? Warum? Keine Erklärung. Aber typisch für seinen Stil. Ein weniger harmloses Beispiel ist, wenn er den Grund des Krieges erklärt. Denn das waren ganz klar Bin Laden und seine 9/11-Piloten. Selbst wenn das so war (was aktuell noch nicht 100%ig bewiesen ist) ergab sich daraus nie die logische Konsequenz, Afghanistan anzugreifen. Aber laut Lindemann ist jegliche Kritik daran folgendermaßen zu bewerten: „Solche Äußerungen entspringen einer verqueren Ideologie, in der sich Anti-Amerikanismus, ein westliches Universalschuldgefühl und eine Art Unterdrücktensolidarität vermengen. Die Beweise für die Islamisten-Kooperation waren eindeutig.“ Aha. Na, wenn er es selbst sagt … Aber es sei auch überflüssig, überhaupt über solche Dinge nachzudenken, denn: „Darüber hinaus erachte ich es als müßig, politische Entscheidungen von vor neun Jahren zu diskutieren. Der Entschluss, in Afghanistan Krieg zu führen, wurde getroffen (…) und jetzt sind wir dort“ (S.14/15). Aber vielleicht war die Entscheidung auch grundfalsch und deshalb sollten wir nun endlich wieder gehen? Nein, das wäre sicher schon wieder so eine typische verquere Denkweise!
Regelrecht beängstigend ist Lindemanns USA-Anbetung. Die US-Army ist für ihn das große Vorbild, die ist schließlich auch nicht im harmlosen Norden stationiert, sondern im Süden, wo wenigstens richtig gekämpft wird, wo es ordentlich männlich zur Sache geht. Die USA sind nun einmal die größte Militärmacht der Welt, und das findet Lindemann beeindruckend. „Wer je … eine vor Anker liegende Flugzeugträgergruppe sehen konnte, hat unweigerlich einen ehrfürchtigen ersten Eindruck, was militärische Macht wirklich bedeutet. Admirale, die einen solchen Verband kommandieren, bestellen in vielen Ländern der Erde die Regierungschefs zum Rapport, nicht umgekehrt.“ (S. 190) Solche Vorstellungen der „demokratischen“ Machtausübung findet Lindemann anscheinend toll. Seltsam nur, dass diese gewaltige Militärmacht die schlecht bewaffneten Taliban dann immer noch nicht besiegt hat. Egal (verquere Denkweise!). Den USA sollte man jedenfalls bedingungslos folgen und nicht immer ihre Kriegspolitik kritisieren, denn „wer diese Ziele der Amerikaner verurteilt, verändert sie zum einen dadurch nicht und zum anderen sollte er sich einmal fragen, unter welcher weltweiten Führung es sich besser leben würde.“ Das steht wirklich so drin in diesem Buch (S.217). „Einer Führung durch ein islamistisches Kalifat? Einer Russlands oder Chinas? Oder etwa unter gar keiner Führung?“ Kein Witz – das schreibt Lindemann allen Ernstes. Nicht auszudenken: Unter gar keiner Führung leben zu müssen! Alles, nur das nicht! Ich weiß nicht, was man da noch kommentieren soll? Dann also lieber im „Global War on Terror“ (der – wie Lindemann versehentlich kritisiert – seit Obama politisch korrekter „Overseas Contingency Operations“ genannt wird) auf der „Achse des Bösen“ bedingungslos alles mitmachen.
Man fragt sich beim Lesen auch manchmal, ob Lindemann nicht merken will, dass die Amerikaner die Bundeswehr sogar manchmal regelrecht verscheißern? Er erwähnt, dass die USA gelegentlich ohne Erklärungen im Verantwortungsbereich der Bündnispartner operieren und beschreibt dazu einen Vorfall (S. 222 – 236), bei dem eine US-Einheit ohne jegliche Vorwarnung, dafür aber ohne Duldung von Widerspruch und mit sehr martialischem Auftreten den Flugplatz Kundus räumen ließ, um von da aus eine Operation durchzuführen. Erklärungen: Keine. Auch nicht gegenüber NATO und ISAF. Schulterzucken bei den deutschen Offizieren. Man lässt nur durchsickern, dass es auf direkte Anweisung aus dem Pentagon gegen Terroristen ginge. Mehrere vollbesetzte Kampfhubschrauber sind dafür im Einsatz, mit Unterstützung von Bombern und weiteren Flugzeugen. Wirkung auf die deutschen Soldaten: Wir sind für die nur kleine Kinder, die man bei Bedarf ins Bett schickt. Dass vielleicht genau das der eigentliche Sinn der Aktion gewesen sein könnte, kommt Lindemann nicht in den Sinn. Zumal er beschreibt, was die Bundeswehr am nächsten Tag vorfindet: Ein einfaches Gehöft an der tadschikischen Grenze mit 5 Toten – „die Aktion war offensichtlich sehr robust verlaufen“. Dass das vielleicht Unschuldige waren (auf ein paar mehr kommt’s nun auch nicht mehr an) und die Aktion reine Show zur Darstellung der Rangliste innerhalb der NATO? Verquere Denkweise.
Ein einziges Mal wird Lindemann kritisch gegenüber den Amerikanern: Bei der Schilderung der Abläufe der bombardierten Tanklastzüge und der darauf folgenden völlig unkooperativen Reaktion des damaligen ISAF-Kommandeurs McChrystal. Und auf Seite 242 fängt Lindemann sogar an, Kollateralschäden der Amerikaner aufzuzählen. Doch keine Panik – alles wird gut: Zu seiner Erleichterung erfährt Lindemann später, dass sich General McChrystal und sein Pressesprecher ohne Rücksprache mit Washington so daneben benommen hat. McChrystal sei nun einmal als „eher emotionaler Mensch“ bekannt, also war das nur der Ausrutscher einer Einzelperson und es ist alles wieder in Butter.
Lindemann spricht übrigens ausdrücklich allen Leuten, die nicht in Afghanistan waren, das Recht ab, bei diesem Thema überhaupt mitzureden. Also uns. Die höheren Ausgaben für teurere Waffen und Ausrüstung sollen wir aber bezahlen. Auch diese ganzen Regeln für die ISAF – am besten weg damit! „ISAF ist kein in Stein gemeißeltes Gebot. Die NATO kann unternehmen, was immer sie für angemessen hält, um der Situation Herr zu werden. Wer sollte uns auch daran hindern?“ (S. 225). Mit anderen Worten: Dieses Mitspracherecht irgendwelcher Zivilisten, diese demokratische Kontrolle – das nervt!
Gibt es etwas Positives in dem Buch? Es sind die nebenbei erwähnten Dinge, die zeigen, warum „wir“ in Afghanistan scheitern. Eine völlig korrupte Polizei, die als schlimme Plage dargestellt wird, eine unfähige Marionettenregierung, die nur in Kabul etwas Einfluss hat, die ungebrochene Herrschaft der Warlords im restlichen Land, Mädchenschulen, die keinen Sinn ergeben, solange Mädchen da nicht auch frei hingehen können, versteckte Geldflüsse der NATO an Afghanen (zum Beispiel mit „Blutgeld“ für zivile Opfer, wofür sich aber auch schon einmal arme Afghanen freiwillig vor ein ISAF-Fahrzeug werfen), die Unmöglichkeit zu trennen, wer nun wirklich Taliban ist oder wer nur für Geld eine Sprengfalle montiert …
Interessant ist das Kapitel „Der Mythos vom Wiederaufbau“. Die Bundeswehr, so bemängelt Lindemann, sollte eigentlich zivile Hilfsorganisationen schützen. Die gehen aber lieber in Gegenden, wo die Bundeswehr nicht ist, weil man als Helfer so sicherer ist. Denn die Taliban richten ihre Aktionen lieber gegen die Armee. Das ist natürlich auch eine Art Schutz, lieber nicht dort zu sein, aber so war es natürlich nicht gedacht. Und so ist es wenig motivierend für die Soldaten. Genauso wenig motivierend für sie scheint zu sein, dass bei den Helfern zumindest teilweise eine gewisse Überheblichkeit zu spüren ist: „Wir sind die Guten, denn wir bauen auf, ihr seid die Schlechten, denn Ihr seid bewaffnet. Mit Euch wollen wir nichts zu tun haben. Außer, wenn wir bedroht werden“. Und so entdecken die Soldaten immer einmal wieder ihnen völlig unbekannte Hilfsorganisationen, die sehr verstreut in der Gegend irgendwo einmal einen Brunnen bauen (als hätten die Afghanen das früher nicht selbst geschafft), die den Afghanen erklären, wie man Hühner züchtet (eine bisher anscheinend unbekannte Sache für Afghanen), oder die irgendwo in archaischen Dörfern ausgerechnet die Gleichberechtigung durchsetzen wollen. 140 Mill. € deutscher Steuergelder scheinen mit solchen Methoden jährlich im afghanischen Wüstensand zu versickern, denn nachhaltige Ergebnisse sind kaum zu sehen.
Wenn man die pro-militärische Sicht Lindemanns einkalkuliert, ist sein – unbeabsichtigtes – Fazit noch schlimm genug.
Alle Zitate (kursiv) aus:
„Unter Beschuss: Warum Deutschland in Afghanistan scheitert“
Autor: Marc Lindemann
Verlag: Econ, Jan. 2010
ISBN: 978-3430300469
Schade das Leute die Einblick in die Materie haben und auch vor Ort waren/sind es leider nicht schaffen ein ideologiefreies Bild von Afghanistan abzuliefern. Der Herr Lindemann müsste es eigentlich besser wissen, gibt in seinem Buch aber nur das vorgekaute politische Gesülze der Nato wieder.
So lange wie niemand das afghanische Volk und damit auch die Taliban als Teil der dortigen Politik ernst nimmt und in den Aufbau mit einbezieht wird es keine friedliche Lösung geben. Das musste schon die Sowjetunion in zehn Jahren Krieg schmerzlich erfahren und das wird der Nato nicht anders gehen.
Er scheint einfach diesem klar militärischen Denken verhaftet zu sein. Anscheinend kommt er da nicht mehr heraus.
Hast Du das Buch gelesen?
Nein, hab ich nicht. Ich stütze mich voll und ganz auf deine Behauptungen im obigen Text. Ich weiß, ist nicht professionell, aber ich hoffe ich hab mich nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt.
Anmerken möchte ich noch, das mir deine Antwort er sei diesem militärischen Denken verhaftet zu sein, zu einfach oder nicht ganz richtig scheint. Mittlerweile gibt es einige – auch hochrangige – Militärs und Experten die der Meinung sind das es in Afghanistan keine militärische Lösung geben kann. Die selbst die Aktion dort militärisch einzuschreiten für falsch halten.
Ich kann mich da gern wiederholen, aber ich bin der Meinung das die Lösung nur auf politischer und wirtschaftlicher Ebene mittelfristig zu erreichen ist. Man muss die Menschen dort für die Idee der Demokratie und der Selbstbestimmung begeistern und sich dann zum Teil selbst überlassen. Die Taliban müssen ebenfalls integriert werden, aber nicht mit der Gelgenheit wieder eine Diktatur aufbauen zu können wie in den 90ern, sondern nur mit starker politischer Konkurrenz. Und mit wirtschaftlich meine ich das man sich vorrangig um die wirklichen dringenden Probleme der Menschen kümmern muss. Warum rennen sie denn zu den Taliban oder sind zumindest Sympathisanten? Weil sie arm sind und oft nichts zu Essen haben und schon gar keine Zukunft sehen. Die Taliban geben ihnen das, wenn auch meistens eher kurzzeitig. Da muss man ansetzen. Das erfordert aber viel Geld und viel Zeit seitens der Nato.
@Herr Teddy
Ich schlage einfach mal vor, dass Buch zu lesen. Es lohnt sich, denn Lesen soll ja bekanntlich bilden. Immer funktioniert es allerdings nicht, wie man bei Frank feststellen kann. Er hat so gut wie nichts verstanden, wirft dem Autor aber vor, ideologisch geprägt zu sein, und erkennt nicht den Balken im eigenen Auge.
siehe meine obigen Kommentare. Meine Meinung wird durch deinen Kommentar leider wieder nur bestätigt.
@ Lesen bildet: Endlich mal eine Antwort, die völlig ohne Phrasendrescherei auskommt! (Ironie Ende). Lesen bildet tatsächlich. Unter anderem lernt man dadurch auch zu erkennen, welche Texte gut sind und welche nicht. Man lernt zu abzuschätzen, mit welchen Büchern es sich lohnt, seine Zeit zu verbringen. Man lernt, zu erkennen, welcher Author schlampig dahinschwadroniert hat und welcher sich vor jedem Satz überlegt hat, was er da eigentlich schreibt.
Ein gutes Buch ist beispielsweise „Der Kampf um das heilige Feuer – Wettlauf der Weltmächte am Kaspischen Meer“ von Lutz Klevemann. Darin geht es zwar nicht nur um den Krieg in Afghanistan, sondern allgemein um die Länder und politischen Abläufe, die in der Gegend ums Kaspische Meer herum liegen. Aber darin wird viel mehr zum Verständnis der Afghanistan-Thematik vermittelt.
Ich habe das Buch nicht nur aus beruflichem Interesse (bin Berufssoldat) gelesen. Der Kritik von Frank kann ich mich nicht ganz verschließen, meine aber, dass Marc Lindemann grundsätzlich Recht hat. Er sagt ja nicht wirklich, dass wir (Deutschland und unsere Bündnispartner) in Afghanistan scheitern müssen. Wir werden aber unweigerlich scheitern, wenn wir so weiter machen, wie bisher. Das ist die klare Botschaft des Buches.
Wenn endlich konzertiert – und da meine ich alle Ressorts, die Aktien im Spiel haben – gehandelt wird, die Mitarbeiter von NGO’s und GO’s ihre ideologische Borniertheit gegenüber den Soldaten der Bundeswehr ablegen, die breite Öffentlichkeit in Deutschland endlich begreift (begreiflich gemacht bekommt!), dass in Afghanistan wirklich Krieg herrscht und wenn die Soldaten endlich das hierfür notwendige Material (und dessen Einsatz) zugestanden bekommen, müssen wir nicht scheitern! Und ein Scheitern in Afghanistan können wir uns – weil das Schicksal Afghanistans unweigerlich mit dem der Atommacht Pakistan zusammenhängt – nicht leisten!
Die Nähe Afghanistans zu vorhandenen und vermuteten Atommächten ist natürlich ein Aspekt, den man nicht ignorieren darf. Aber was mich daran gleich wieder stört ist: Diese Begründung für den ISAF-Einsatz ist die allerneueste. Man hört sie erst seit dem „Atomgipfel“, Mitte April 2010 in Washington, wo das Argument aufkam, „die größte Gefahr im atomaren Bereich besteht darin, dass sich Terroristen illegal radioaktives Material beschaffen und dieses mit konventionellen Waffen einsetzen könnten“ (SPIEGEL).
Und so geht es ja nun auch nicht! Entweder wir haben einen konkreten Grund, dort Krieg zu führen, oder nicht. Aber wenn man uns nun schon die dritte* Begründung präsentiert, dann darf man sich schon verschiedene Fragen stellen. Ich gebe zu, dass man auch die Möglichkeit von nuklear-terroristischen Aktionen bedenken und dem entgegenwirken sollte. Aber das ist ja eher eine Sache für Geheimdienste und nicht für die Armee. Zum Thema der angeblich islamistischen Terrorgefahr, die uns immer eingeredet wird, kam gestern erst folgender Artikel in Telepolis:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32559/1.html
(* Die erste war: Wir wollen Bin Laden! Die zweite: Wir wollen das Land von den Taliban befreien. Und nun wollen wir den Atomterrorismus verhindern.)
Dass diese Begründung so neu sein soll, glaube ich nicht. Es kann aber durchaus sein, dass wir zwar schon länger darüber geredet haben, das aber evtl. – das will ich nicht ausschließen – nur „intern“ getan haben. Die Amerikaner (nicht nur Militärs) nennen aber Afghanistan und Pakistan als Krisenherd gerade aus diesem Grund schon über Jahre in einem Atemzug und gemeinsam. Und sie tun es auch in den Medien.
Dass man Pakistan als Krisenherd betrachtet – klar. Das ist tatsächlich nicht neu. Aber die Afghanistan-Kriegsbegründung im Zusammenhang „Taliban, Terrorismus, Atomtechnik“ herzustellen – das ist schon neu. Mir ist dieses Argument wirklich erst seit kurzem begegnet. Vielleicht wurde es auch vorher bereits irgendwo nebenbei mit erwähnt, aber mir fiel in den letzten Wochen auf, dass es als neue Hauptbegründung aufgebaut wird.
Das Dumme daran wäre, dass bei einer solchen Einsatzbegründung praktisch niemand mehr einen Erfolg der Militär-Mission kontrollieren könnte. Denn wie will man überprüfen, ob nun tatsächlich keine möglichen nuklear-terroristischen Aktionen mehr über Afghanistan möglich sind? So etwas spielt sich – sofern überhaupt vorhanden – ja immer im Verborgenen ab. Ein Sieg über die Taliban ließen sich überprüfen: Sind sie weg, oder nicht? Aber mit einer solchen neuen Begründung könnte man uns noch jahrzehntelang eine unüberprüfbare, diffuse Bedrohung einreden, wegen der wir noch ewig dort bleiben müssten.