Neues aus der Welt der Kunst
Bei meinem gestrigen Besuch lange nicht mehr angesehener Internetseiten gelangte ich auch wieder einmal in die Gefilde der bildenden Kunst. Wie ich mit fachmännischem Blick schnell erfasste, gibt es zwar bedeutende neue Werke, allerdings – und das finde ich schier unfassbar – berichtet niemand darüber. Im gesamten Internet (ich habe wirklich alle Seiten verglichen) findet sich keine einzige Erwähnung, dass Frau Erika Lust ihren Orosz-Zyklus weiter fortgesetzt hat:
Die Einweihung der Brücke
Beim Betrachten des Werkes stockt einem förmlich der Atem: Unsere Mächtigen dargestellt als Ratten! Oder sollten es Mäuse sein? Unsere Stadtoberen als weiße Mäuse? Doch dem gebildeten Kunstliebhaber erschließt sich schnell, dass diese Interpretation in die Sackgasse führt: Die weiße Maus, billiges Labortier, endlos genmanipuliert, durch Labyrinthe geschickt, seziert, Futtertier im Zoo? Mitnichten sehen wir Mäuse auf dem Bild, welches uns so erst seine ganze Vielschichtigkeit offenbart. Denn nur die Oberflächlichen unter uns würden nun sagen: „Also doch Ratten. Alles klar! Sinnbild für Unheil und Krankheit, für Verfall, Pestbringer, da denkt man gleich an die Stadtverwaltung, diese Rattenfänger!“
Man könnte falscher nicht liegen.
Erika Lusts Kunst richtete sich noch nie an den oberflächlichen Betrachter. Und so erschließt sich demjenigen, welcher nicht nur verstaubten engstirnigen deutschen Metaphern verhaftet ist: Im asiatischen Raum besitzt die Ratte überwiegend positive Eigenschaften. Inder sehen in ihr ein Symbol für Intelligenz und Heiligkeit, bei den Chinesen steht sie unter anderem für Ehrlichkeit und Kreativität. Ganz klar Eigenschaften, die Erika Lust auch in unserer Oberbürgermeisterin sieht. Völlig klar wird dies, wenn man bedenkt, dass es sich um weiße Ratten handelt. Weiß – wie Schuppen fällt es von den Augen – Farbe der Freude (über die Brückeneinweihung), Symbol des Neubeginns, der Unsterblichkeit … Und weißes Haar verbindet sich mit der Ehrfurcht vor der Weisheit älterer Menschen.
Doch stellt das Bild überhaupt wie gewohnt unsere Oberbürgermeisterin dar? Kein Zweifel – selbstverständlich ist die Figur links im Bild Frau Orosz, wie uns die bekannte Halskette verrät. Auch das Schwert, bekanntes Symbol aus Lusts „Der Kampf mit der Hufeisennase“ zeigt uns, um wen es geht.
Das Bild fordert auf, sich Zeit zu nehmen, sich einzulassen auf einen Weg durch tiefe Symbolik. „Die Einweihung der Brücke“ zwar benannt, zeigt es die Brücke selbst nur angedeutet. Ist diese Nebensache gar? Einsam steht die Figur links, abseits von den Hofschranzen, die in ihrem Rücken tuscheln. Worüber reden diese? Intrigieren sie gar gegen Orosz? Die große Zacke über deren Kopf lässt uns das Schlimmste ahnen, erinnert sie doch an die Guillotine. Düstere Wolken zieh’n über den Dargestellten auf, doch fern am Horizont – da ist auch Licht.
Ein Bild, welches den Betrachter frösteln lässt, doch auch Hoffnung macht auf eine lichte Zukunft.