Verwirrungen, Teil1
Der Schock kam am Morgen. Ich fuhr den Weg an der Elbe entlang. Wie üblich, hatten die Betreiber vom „Pferdehof Schmidt“ mit ihren landwirtschaftlichen Geräten den Radweg frisch gepflügt. So hat man immer eine kleine Herausforderung, wenn man vor den Pferdekoppeln Schlammlöcher umfahren muss. Und als ich diese bewältigt hatte, tauchte hinter den Bäumen ein gewaltiges Stahlmonstrum auf. Ich dachte: Nein! Haben die Typen jetzt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion diese landschaftszerschneidende, blickbeziehungsbeeinträchtigende Monsterbrücke doch schon hingeklotzt?
Doch dann bemerkte ich meinen Irrtum. Man ist ja schon völlig durcheinander als Dresdner.
Übrigens entdeckte ich vor einigen Tagen beim Staubsaugen ein kleines Wurmloch hinter dem Sofa. Aus diesem fiel gerade die Sächsische Zeitung vom 12. Juni 2018 heraus. Auf Seite 24 las ich:
Es ist es endlich soweit. Die letzten Quadratmeter Asphalt sollen heute auf der Fahrbahn der damit fertig gestellten Dresdner Waldschlößchenbrücke aufgebracht werden. Drei Baustopps haben zu den bekannten Verzögerungen geführt, zwischendurch musste aufgrund einer Klage ein kurzer Rückbau erfolgen, die beiden Überflutungen taten ein Übriges. Die Kosten sind bekanntlich explodiert, da die boomende Wirtschaft in Kuba die Stahlpreise in die Höhe trieb. Die Kostenerhöhung entstand auch durch das rund um die Uhr notwendige Sicherheitspersonal an dieser und einigen anderen Brücken. Denn wegen der gestiegenen Stahlpreise sägten immer wieder Metalldiebe Teile aus den Stahlelementen der Brücke. Und als eines Morgens eine komplette Hälfte des Metalls vom Blauen Wunder fehlte, musste man sich zu dieser Maßnahme entschließen.
Der heutige Bauabschluss wird von der Bevölkerung weitestgehend ignoriert, da alle Dresdner bereits auf das Wort „Waldschlößchenbrücke“ extrem gereizt reagieren und nach Möglichkeit nichts davon hören wollen. Außerdem sind wegen den Plänen zur Sanierung des Kulturpalastes vier unerbittlich zerstrittene Fraktionen in der Bevölkerung entstanden. Die Dresdner sind bereits damit vollständig ausgelastet.
15 Uhr. Von einem weitestgehend unbekannten Gericht aus den etwas entlegeneren Seitenarmen der sächsischen Justiz wird ein sofortiger Baustopp mit anschließendem Rückbau der Brücke angeordnet. Dieser Entschluss geht auf eine fast vergessene Gegenklage einer inzwischen ausgestorbenen Bürgerinitiative zurück und ist absolut rechtsgültig. Fachleute sind sich einig, dass die Kosten für ein weiteres entsprechendes Justizverfahren die Kosten für den Rückbau deutlich überschreiten würden. Mit dem Abriss wird umgehend begonnen.