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Girlsday, aber zunächst einmal:

Künstliche Intelligenz ist noch längst nicht so weit entwickelt, wie es sein könnte. Gerade macht es in meinem Rucksack „Dingdong!“ – oder ist es mehr ein „Bingbong“? Egal. Mein hochintegrierter digitaler Begleiter will mich an etwas erinnern. Na fein. Rucksack absetzen, öffnen, Gerät suchen, Etui öffnen, lesen. Die ganze Prozedur wieder! Wesentlich einfacher wäre es, wenn man dem Gerät genervt zurufen könnte: „Ja, was ist denn nun schon wieder?“ und ein fröhliches „Erinnerung! Heute ist Girlsday!“ käme aus der Tasche. „Na und? Wieso muss ich daran erinnert werden? Die kommen frühestens gegen 10 Uhr…“ „Ich sag’s ja nur“, antwortet das Gerät beleidigt, „nicht dass ich es dann wieder war… Außerdem hast du es so angeklickt, dass ich ‚linglong!‘ machen soll“. Klar, jetzt bin ich wieder schuld. „Ach, jetzt halt doch mal die Klappe!“, sage ich. „Dann eben nicht! Wozu mache ich denn das hier eigentlich alles? Sieh doch zu wie du alleine zurechtkommst…“, mault der PDA vor sich hin.

Ach nein, wenn das dann so ausgeht, dann lassen wir es doch lieber so, wie es ist. Nicht dass der PC dann noch zum IT-Psychologen muss, weil er ein burn-out-Syndrom hat. Aber jedenfalls ist heute bei uns wirklich Girlsday. Ich gebe zu, dass ich davon nichts halte. Theoretisch war das ja irgendwann eine gute Idee, Mädchen auch an Männerberufe heranzuführen, aber was ist denn daraus geworden? Zunächst beschäftigen sich die jungen Damen an dem Tag gar nicht ausschließlich mit Männerberufen, sondern mit allem möglichen. Was können sie bei uns z.B. machen? Kurz gesagt dieses berühmte „Irgendwas-mit-Medien“. Ist das ein reiner Männerberuf? Absolut nicht. In bestimmten Teilbereichen der Medienberufe sind zwar noch mehr Männer anzutreffen, dort liegt es aber eher an einem gewissen Desinteresse der Frauen selbst. Ist auch klar – wer hat schon Lust, diese schweren Kameras und Lichtkoffer durch die Gegend zu schleppen?

Jedenfalls fand ich es reichlich absurd: Erst will man Mädchen in bestimmten Berufen fördern, dann stellt man aber fest: Das benachteiligt ja wiederum die Jungen, wenn sie an diesem Tag nicht mit teilnehmen können! Denn so ist es ja. Seit einigen Jahren dürfen deshalb auch die Jungs mit zum Girlsday. Ein totaler Schwachsinn! Die Krönung kam letztes Jahr, als in einer Studie festgestellt wurde: Mädchen sind in der Schule durchschnittlich besser als Jungen (für diese Erkenntnis hätte der Mann von der Straße keine Studie gebraucht), also sollten wir die Jungen fördern. Und daraufhin wurden viele Aktionen gestartet, die nun wiederum nur für diese gedacht waren. Wir selber haben ja auch ein entsprechendes Ferienlager unterstützt. Wahrscheinlich wird man in den nächsten Jahren entdecken, dass dadurch nun wieder die Mädchen benachteiligt sind …

Das ist der typische kurzsichtige Aktionismus in unserem Land. Heute kommt die Erkenntnis, morgen diese Studie und jedesmal verfällt man in hektische Betriebsamkeit. Klar, so ist man immer schwer beschäftigt, es vermittelt den Eindruck, dass wirklich „was getan“ wird und das schafft sicher auch Arbeitsplätze.

Die Krönung dieser Methoden ist für mich nach wie vor die Sache mit der berühmten Pisa-Studie. Damals, als die deutsche Gruppe von Schülern bei diesem Vergleichstest so schlecht abgeschnitten hatte, war ja die Hölle los. Man hätte sich natürlich ganz ruhig fragen können, ob vielleicht recht simple Gründe hinter dem schlechten Ergebnis steckten? Denn so war es ja: Die Schüler wussten einfach nichts davon, dass der Test so wichtig sei. Für sie war es eine Art Klassenfahrt, wo nebenbei irgend so ein Test stattfand. Und selbst wenn das nicht so gewesen wäre, hätte man sich noch sagen können: Wer an einem Wettbewerb teilnimmt, sollte es auch ertragen können, eventuell nicht zu gewinnen. Ansonsten soll man besser gar nicht erst hingehen. Nur weil wir die Deutschen sind, hatten wir kein Gott- oder sonstwie gegebenes Recht, immer die Ersten sein zu dürfen. Jedenfalls – was passierte? Genau derselbe blinde Aktionismus: „Ja, wir liegen sogar noch hinter Ländern wie Finnland! Was machen die denn anders in ihren Schulen? Ah, die Finnen haben Ganztagsschulen! Brauchen wir auch. Das rettet uns.“ Dass die Finnen vielleicht nur deshalb teilweise solche Ganztagsschulen haben, weil die Besiedlung in dem Land dünner ist und damit die Schulwege länger sind (usw.), hat niemanden interessiert. Und dann wollte fast jede Schule eine Ganztagsschule sein. Weil dafür auch Fördermittel bereit standen. Eigenartig. Sonst gab es immer nur Finanzprobleme mit Schulen, aber nun war plötzlich Geld da. Und noch schöner ist, wie einfach es für die Schulen wurde, als Ganztagsschule zu gelten. Die Bedingungen liegen gar nicht so hoch. Ich habe die Zahlen nicht im Kopf, aber man muss nur an x Tagen der Woche mindestens y Stunden absichern und ein paar außerunterichtliche Projekte anbieten. Kann sein, dass x=3 und y=8 ist, ich bin mir aber nicht sicher. Viele Schulen entdeckten darauf, dass sie eigentlich schon lange eine Ganztagsschule waren.

So, das musste mal raus! Bestimmt wird sich nun einiges ändern. Jetzt muss ich aber erst einmal aufhören, denn die Girls sind eingetroffen. Nanu? Gar kein Boy dabei!