Tagespolitik
Manchmal bin ich sehr froh, in der momentanen Zeit leben zu dürfen. Die früheren Menschen hatten es da schwerer. Beispielsweise mussten die Menschen in früheren Jahrhunderten den sogenannten Zehnten abliefern. Das muss man sich einmal vorstellen! Da wurden die Leute von den Obrigen gezwungen, einfach mal so den zehnten Teil von ihrem Erwirtschafteten abzugeben. Kennt man ja aus dem Geschichtsunterricht. Wie die einfachen Bauern und Handwerker unter dem „Zehnten“ litten. Sie behielten nur 90 % und der Rest wurde für irgendwelche undurchschaubaren Staatsausgaben verschwendet. Da sind wir heute glücklicherweise weiter. Ehrlich – ich bin froh, in einer Demokratie leben zu dürfen, bei der wir aus unserer Mitte die vernünftigsten Vertreter wählen, die nachher unsere Interessen durchsetzen. Kein Vergleich mit früher, wo man der Macht irgendwelcher Despoten ausgeliefert war. Heute haben wir Regierungen, die vernünftig handeln und dies vor allem konsequent umsetzen und durchziehen. Sicher – manchmal gibt es Ereignisse, bei denen man als Bürger nicht sofort durchblickt. Aber es ist immer unser Interesse, was da umgesetzt wird.
Nein, es geht mir nicht schon wieder um die Dresdner Waldschlößchenbrücke. Auch nicht um Hessen, wo zwei angebliche Arbeiterparteien sich in alter deutscher Tradition gegenseitig als Hauptfeind betrachten. Ich wollte auf folgendes hinaus: Die US-amerikanische Regierung hat ja kürzlich ein Gesetz verabschieden wollen, mit dem das Foltern verboten wird. Als Mann von der Straße (jaja, genauer gesagt vom Fußweg) denkt man nun: „Foltern? Ist das nicht in der zivilisierten Welt ohnehin verboten?“ Theoretisch schon. Da aber die Häftlinge in Guantanamo und ihre Kollegen weltweit teilweise einfach nichts gestehen wollen, muss man schon etwas nachhelfen. Deshalb wurde für diese Leute eine extra Klassifizierung erfunden („Feindliche Kämpfer“), die in der bisherigen Rechtsprechung noch nirgends auftauchte, wodurch nun wiederum für diese Wesen die sonstigen Menschenrechte logischerweise nicht mehr anwendbar sind. Nun haben aber gewisse Weicheier aus der US-Regierung trotzdem auch für diese Nichtmenschen Folterverbote gesetzlich verankern wollen. Nicht grundsätzlich, nur erst einmal für eine spezielle Foltermethode („Waterboarding“). Übertreiben wollten sie es also auch nicht gleich wieder. Aber Herr G. W. Bush hat sofort erklärt, dagegen sein Veto einlegen zu wollen. Finde ich sehr konsequent von ihm, zu seiner bisherigen Politik zu stehen und sich nicht von Schwätzern das Rückgrat verbiegen lassen zu wollen. Ich habe große Sympathien für konsequentes Handeln.
Und nun haben wir in Europa einen ähnlichen Fall, wo Konsequenz gefordert ist. Der (oder das?) Kosovo hat sich als von Serbien unabhängig erklärt. Einige Feingeister fingen natürlich sofort an zu lamentieren, das dürfe man niemals als souveränen Staat anerkennen, das verstoße gegen internationales Völkerrecht, gegen irgendeine Akte aus Finnland, den Friedensvertrag von Rambouillet… meine Güte! Was sind das für Krümelkacker! Irgendwas von „völkerrechtlich gehört Kosovo nach wie vor zu Serbien, und solange die der Unabhängigkeit nicht zustimmen bricht das das Völkerrecht“ oder „die besondere zivilisatorische Errungenschaft der Schlussakte von Helsinki war die Verpflichtung, dass Staatsgrenzen in Europa nie wieder mit Gewalt verändert werden dürften“ und die UCK hätte ja damals mit den Angriffen auf Serben angefangen – diese Meinungen konnte man sofort in diversen Internetforen lesen. Die offiziellen Medien sind darauf natürlich nicht eingegangen.
Aber das ist schon ein logischer Problem, was nun in Europa besteht: Sollen die europäischen Staaten Kosovo als Staat anerkennen, obwohl es eine Provinz von Serbien ist und Serbien der Trennung nicht zustimmt? Ich will jetzt mal nicht mit solchen Lappalien kommen, dass man sich hiermit Serbien als Feind schafft und sich auch mit Russland anlegt. Oder dass im Kosovo keinerlei Industrie existiert und für diesen Staat keine wirtschaftliche Existenzgrundlage vorhanden sei. Das könnte man ja über Mecklenburg genauso sagen und außerdem ist der Kosovo durchaus überlebensfähig. Frauen- und Drogenhandel sind lukrative Industriezweige – dort zwar die einzigen, dafür aber bestens durchorganisiert. Sogar unter dem Schutz unserer KFOR-Truppen. Das Problem ist auch nicht der entstehende Präzedenzfall, auf dessen Grundlage sich dann die Basken oder die Sorben abspalten könnten. Das Problem ist eher, dass die völkerrechtliche Anerkennung eines unabhängigen Staates Kosovo praktisch die Aufkündigung der Schlussakte von Helsinki bedeuten würde. Wodurch u.a. auch die Nachfolgeorganisation OSZE in Frage gestellt würde…
Und genau dafür hatten auch wieder unsere amerikanischen Freunde die Lösung. Vorgestellt bereits im April 2000 in Bratislava, von Vertretern des US-Außenministeriums: Von ihnen wurde erklärt, dass die Bundesrepublik Jugoslawien eigentlich außerhalb jeder Rechtsordnung, vor allem der Schlussakte von Helsinki, stehe. Da spiele es auch keine Rolle, dass die Bundesrepublik Jugoslawien zu den Erstunterzeichnern dieser Akte gehörte.
Es ist einfach wieder einmal so, dass man als Bürger denkt: „Sind die da oben wahnsinnig geworden, diesen Mafia-Staat anzuerkennen“, aber man übersieht einfach, dass sich dahinter lediglich konsequentes Handeln verbirgt. Denn wozu hat die Bundesregierung schon seit -zig Jahren an der Instabilisierung der Region mitgearbeitet? Bereits in der Kohl-Ära wurden anscheinend deutsche Waffen in die Kosovo-Region geliefert, man hat der Terror- äh, Befreiungs-Organisation UCK beim Aufbau geholfen, Herr Joseph „Joschka“ Fischer hat Herrn Scharping die Pläne des angeblich existierenden „Hufeisenplans“ zugespielt, den Scharping dann auch vor den Kameras ehrlich empört wirkend erklärte… Gut den Plan hat es nie gegeben, aber sollen etwa all die Arbeiten umsonst gewesen sein? Natürlich hat Deutschland das Kosovo sofort als souveränen Staat anerkannt. Ist einfach konsequent und findet somit meine Zustimmung.
Und dieses Geschwafel über gebrochenes Völkerrecht – wir Deutschen haben 1999 den Angriffskrieg gegen Serbien mit begonnen. War der etwa von der UNO genehmigt? Natürlich nicht. Da kommt es nun auf einmal mehr nicht an, rechtliche Grundlagen nicht ganz so bierernst zu nehmen. Der Friedensvertrag von Rambouillet, naja… Inhalt davon ist u.a., dass der Kosovo als Provinz Serbiens auch Bestandteil von Serbien bleibt. Aber darin stand auch, dass die UCK entwaffnet wird. Und? Wurde das gemacht? Na also! Heute ist sie praktisch eine noch moderner bewaffnete Staatspolizei im Kosovo. Auch dieser Vertrag ist also auslegbar.
All diese Gesetze und Verträge, das ist doch alles nur geduldiges Papier. Wie auch unser Grundgesetz: … Nach der Verfassung des vereinten Deutschlands sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar …“ Ja, sicher. Theoretisch. Man muss aber auch einmal Fünfe gerade sein lassen können. Irgendwie ist es sicher für einen guten Zweck, der sich uns Bürgern nur momentan noch nicht so ganz erschließt. Jedenfalls, und das wollte ich eigentlich nur mal loswerden: Dafür gebe ich gerne meinen Zehnten.